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Seite:Otto Herodes.djvu/042

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schweren Herzens gestellt und hat durch sein gutes Geld und seine geschickten Vorstellungen den Antonius ganz für sein Handeln zu gewinnen verstanden[1]. Antonius hat ihn in Gnaden wieder entlassen, in der richtigen Erkenntnis, wie wertvoll eine gesicherte Herrschaft dieses Mannes für Rom sei (bell. Iud. I 441; ant. Iud. XV 57–65, 74–79; der Bericht über die einzelnen Vorgänge in Laodikeia ist unglaubhaft, s. S. 3 .

Als H. nach Hause zurückkehrte, fand er anscheinend hier eine recht ernste Lage vor, über die wir jedoch nicht ganz sicher urteilen können. Noch immer ist zwar die Ansicht weit verbreitet, H. sei damals in den ersten offenen Konflikt mit seiner Frau Mariamme geraten, weil diese seinen Befehl, sie im Falle seiner Nichtrückkehr von Antonius zu töten, durch seinen Oheim und Schwager Joseph erfahren hätte (bell. Iud. I 441–444; ant. Iud. XV 65–70, 80–87). Aber diese Auffassung besteht nicht zu Recht, da hier sowohl hinsichtlich des Befehls als des Konflikts die Doppelung eines erst später eingetretenen Vorgangs vorliegt (vgl. gegenüber Schürer I³ 385, 51 meine Bemerkungen auf S. 10 *) und S. 53, sowie Wellhausen 319, 1). Infolge dieser Ablehnung fällt auch zugleich der Grund weg, warum H. nach seiner Rückkehr Joseph, den er für die Zeit seiner Abwesenheit zum Reichsverweser eingesetzt hatte (ant. Iud. [RE:41] XV 65 und 68), hat hinrichten lassen (§ 87. Die gegen diesen erhobene Beschuldigung des unerlaubten Verkehrs mit Mariamme [§ 86] ist so eng mit der abgelehnten Erzählung verbunden, daß man sie kaum für sich als Grund beibehalten darf). Ohne sehr ernstlichen Anlaß ist aber auf keinen Fall die Hinrichtung dieses nahen Verwandten, dem der König bisher, wie seine letzte Stellung uns zeigt, vollstes Vertrauen geschenkt hatte (s. auch bell. Iud. I 441), erfolgt. Wellhausen 319 knüpft bei seiner Erklärung der Bestrafung an das während H.s Abwesenheit aufgekommene Gerücht an, der König sei von Antonius hingerichtet worden, und vereint hiermit die Angabe des Josephus, Alexandra und Mariamme hätten infolge drohender Unruhen ihre Zuflucht bei der damals bei Jerusalem garnisonierenden römischen Legion nehmen wollen (ant. Iud. XV 71–73, 80); weil Josephus den Frauen hierbei zu helfen bereit gewesen sei, deshalb sei er mit dem Tode bestraft worden. Nun hätte den Frauen aber im Falle des Todes des Königs und beim Ausbruch von Unruhen kein besserer Schutz als unter den römischen Feldzeichen verschafft werden können, ein Schutz, der doch zugleich auch der bisherigen römerfreundlichen Politik entsprochen, sie gleichsam fortgesetzt hatte; man hätte sich hierdurch sogar direkt in Gegensatz zu den nationaljüdischen Ansichten gestellt. Man wird also aus all dem keine Schuld Josephs konstruieren dürfen; auch ist ja H. gegen die Urheberin des Planes Alexandra nicht vorgegangen (die in ant. Iud. XV 87 erwähnte Gefängnishaft Alexandras fällt zugleich mit der [44] Konflikterzählung und widerspricht auch dem ganzen Auftreten der Königinmutter in den folgenden Jahren). Vielleicht führt uns jedoch die Erzählung von drohenden Unruhen auf eine richtige Spur, wenn wir mit ihr die bei Josephus, bell. Iud. I 364 (für die Zeitbestimmung vgl. auch ant. Iud. XV 109) freilich nur nebenbei sich findende Angabe verbinden, daß es erst im J. 33 v. Chr. H. gelungen sei, allerlei Unruhen in Judäa beizulegen und die Festung Hyrkania, deren sich die Aufständischen bemächtigt hätten und die bis dahin von einer Schwester des Antigonos gehalten worden wäre – die Hasmonäer sind also bei diesem Aufstande die Führer –, zu nehmen[2]. Sollte etwa Joseph als Regent den drohenden Unruhen gegenüber versagt haben und für die der nächsten Jahre verantwortlich gemacht und deshalb hingerichtet worden sein?

Wie dem nun auch sein mag, jedenfalls zeigt diese Hinrichtung zusammen mit den eben erwähnten Aufständen, daß H. auch noch in der zweiten Hälfte der 30er Jahre mit erheblichen offenen Widerständen im Innern zu tun hatte, an denen auch gerade Glieder der hasmonäischen Familie beteiligt waren. Daß diese [RE:42] sich nicht geschlossen hieran beteiligte, war unbedingt sehr wichtig für den König und darf wohl als Folge seiner Heirat gewertet werden. Für die Beurteilung der inneren Lage ist schließlieh auch die soeben erwähnte Anwesenheit einer römischen Legion in der Nähe von Jerusalem von größter Bedeutung. Daß eine solche in den 30er Jahren allem Anschein nach als dauernde Besatzung trotz des die Freiheit von militärischer Besatzung gewährenden Ediktes Caesars (die Stellen für dieses siehe S. 25) aus Mißtrauen der Römer gegen H. im Lande gelegen habe, ist an sich wenig wahrscheinlich. Hiergegen spricht auch die ausdrückliche Angabe bei Josephus ant. Iud. XV 72 ,ἐπὶ φρουρᾷ τῆς βασιλείας‘; römische Truppen sind vielmehr nötig gewesen, um die Herrschaft des Königs gegen seine inneren Gegner zu sichern. Zu diesem Zweck ist von ihm in diesen Jahren außer dem Wiederaufbau von Hyrkania (s. Anm.) und Alexandreion auch Masada, das freilich auch gegen auswärtige Feinde Schutz gewähren sollte (bell. Iud. VII 285–303), stärker befestigt worden (über die Reste von Masada s. Schürer I³ 638, 137), und offenbar ist auch die Anlage der gewaltigen neuen Festungswerke in Jerusalem zum mindesten zum größten Teil bereits damals erfolgt. So z. B. die stärkere Befestigung der alten nördlich vom Tempel in Jerusalem gelegenen Burg Baris[3]; dann auch


  1. Damals mag die Tötung des Aristobulos auch offiziell zugegeben worden sein; vgl. die oben erwähnte Version des bellum, die dies voraussetzt und die ich gerade auf Nikolaos von Damaskos zurückführen möchte, s. auch S. 141 *).
  2. Die Festung Hyrkania ist von Gabinius geschleift (bell. Iud. I 168; ant. Iud. XIV 89) und von H. wieder aufgebaut worden; im J. 15 v. Chr. zeigt er sie dem Agrippa (ant. Iud. XVI 13). Da nun das Sichhalten der Aufständischen in der geschleiften Festung ein Unding wäre, so muß H. die Festung in den ersten Jahren seiner Herrschaft wieder hergestellt haben, und es ist wohl ein deutliches Zeichen für den Ernst der Lage, daß sie in die Hand der Aufständischen fallen konnte.
  3. Daß der Bau noch in diese Zeit fällt, zeigt die gleichzeitige Umbenennung der Burg nach dem Namen des Antonius in Antonia (bell. Iud. I 401. WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt V 238–245; ant. Iud. XV 409. XVIII 92; Tac. hist V 11). Die sich findende zeitliche Verbindung des Burgbaus mit dem Bau des Tempels ist ebenso falsch wie die sachliche; ant. Iud. XV 292 weist übrigens bezüglich des Umbaues der Burg auch auf eine frühere Zeit hin.
Empfohlene Zitierweise:
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/042&oldid=- (Version vom 1.8.2018)