Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens | |
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gestorben und daß ein gewisser Dr. Abramytschew, Professor der Ärzteakademie in Petersburg, die Umtriebe Sokolows den Behörden anzeigte.
Das Protokoll ist dann aber irgendwo in der Bezirkskanzlei verschwunden, da die Polizei, wie es sich herausstellte, des Zauberers Hilfe oft selbst in Anspruch nahm.
Den Syphilitiker heilte Sokolow ebenfalls auf seine sonderbare Weise.
Der Kranke wird in einen Haufen Pferdemist, wie man ihn in den Stall geworfen, hineingesteckt.
Sieben Stäbchen von verschiedener Länge mit daran hängenden Fetzen, auf denen Zeichen und unverständliche Worte, wie: Prys, Tacznj, Habdyk, geschrieben sind, werden darin eingegraben.
Vieh wurde von Sokolow durch Beräucherung mit Gräsern, durch Pulver aus gebrannten Haaren, getrockneten Fröschen oder Fledermäusen und Salben aus Dachs- und Rattenfett geheilt. Auch bei den Tierheilungen fehlten nicht die geheimnisvollen Beschwörungen.
Im Pskower Gouvernement, im Bezirke von Ostrau, wurde ich Zeuge, wie eine seltsame Krankheit bei Weibern und Tieren geheilt wird.
Schweife und Mähnen der Pferde wie auch die Zöpfe der Frauen verwickeln sich manchmal so stark, daß sie keineswegs mehr durchzukämmen sind.
Der Medizin ist es bekannt, daß diese Erscheinung durch einen Wasseralgen entsteht, der in den Wassern sumpfiger Gegenden aufzutreten pflegt.
Die Diagnose des Dorfzauberers aber ist anders. Er behauptet, daß ein böser Hausdämon, aus irgend einem Grunde ärgerlich gemacht, die Zöpfe der Frauen und die Mähnen und Schweife der Pferde in der Nacht verflicht, boshaft verwirrt und verwickelt.
Zu des Dämons Beschwichtigung ist die Darbringung eines Opfers notwendig.
Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens. Eurasia, Wien 1924, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ossendowski_-_Schatten_des_dunklen_Ostens.djvu/20&oldid=- (Version vom 15.9.2022)