Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens | |
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Bontsch-Brujewitsch war ein sehr gerne gesehener Gast in den besten Kreisen der Petersburger Gesellschaft, ebenso in den Zirkeln der höheren Petersburger Offiziere und in den Häusern der würdigsten russischen Intelligenz. Er kannte alle, wußte über alles Bescheid, da er als dazugehörend angesehen wurde als alter Edelmann, als Intelligenzler im vollsten Sinne des Wortes und eine äußerst einnehmende Persönlichkeit war. Währenddessen war er der geheime Anführer des extremen, dem Staate feindlichen Teiles des Sozialismus, der schon an den Anarchismus grenzte.
Bei Brujewitsch hielt sich während der Revolution im Jahre 1905 der jetzige Diktator Rußlands, Leon Trotzki-Braunstein, verborgen, als er damals Vizepräsident des Arbeiter- und Soldatenrates war. Brujewitsch leitete ungesehen und geheimnisvoll die Arbeiten des Krustalow-Nosari, des Präsidenten dieses Rates, schon damals in die Richtung des Maximalismus und bereitete dadurch die Bolschewikenpartei vor.
Der Herr des Hauses bewirtete im Smoking in seinem prunkvoll eingerichteten Herrenzimmer die Gäste mit Kaffee, Likör und Zigarren, während in den weiteren Zimmern eine graue, rachlustige Menge der späteren Diktatoren Beratungen abhielt und ihr System vorbereitete, um das zaristische, bürgerliche und später sozialistische Rußland zu vernichten.
Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens. Eurasia, Wien 1924, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ossendowski_-_Schatten_des_dunklen_Ostens.djvu/159&oldid=- (Version vom 14.9.2022)