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Seite:NewtonPrincipien.djvu/517

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über Diener. Der höchste Gott ist ein unendliches, ewiges und durchaus vollkommenes Wesen; ein Wesen aber, wie vollkommen es auch sei, wenn es keine Herrschaft ausübte, würde nicht Gott sein. Wir sagen nämlich wohl: mein Gott, unser Gott, der Gott Israels, der Gott der Götter, der Herr der Herrn; aber wir sagen nie: mein Ewiger, euer Ewiger, der Ewige Israels, der Ewige der Götter und eben so wenig mein Unendlicher, noch mein Vollkommener; weil diese Bezeichnungen sich nicht auf unterworfene Wesen beziehen. Das Wott Gott (Deus) bezeichnet bisweilen Herr[NEW 1], aber jeder Herr ist nicht Gott. Die Herrschaft eines geistigen Wesens ist es was Gott ausmacht; sie ist wahr im wahren Gott, die höchste im höchsten und die erdichtete im erdichteten Gotte. Es folgt hieraus, dass der wahre Gott ein lebendiger, einsichtiger und mächtiger Gott, dass er über dem Weltall erhaben und durchaus vollkommen ist. Er ist ewig und unendlich, allmächtig und allwissend, d. h. er währt von Ewigkeit zu Ewigkeit, von Unendlichkeit zu Unendlichkeit, er regiert alles, er kennt alles, was ist oder was sein kann. Er ist weder die Ewigkeit noch die Unendlichkeit, aber er ist ewig und unendlich; er ist weder die Dauer noch der Raum, aber er währt fort und ist gegenwärtig; er währt stets fort und ist überall gegenwärtig, er existirt stets und überall, er macht den Raum und die Dauer aus. Da jedes Theilchen des Raumes beständig existirt, und jeder untheilbare Moment der Dauer überall fortwährt; so kann man nicht behaupten, dass derjenige, welcher der Herr und Verfertiger aller Dinge ist, nie und nirgend existire. Jede Seele, welche zu verschiedenen Zeiten, durch verschiedene Sinne und durch die Bewegung mehrerer Organe denkt, ist stets eine und dieselbe untheilbare Person. Es giebt auf einander folgende Theile in der Dauer und neben einander stehende Theile im Raume; es giebt aber nichts Aehnliches in dem, was die Person des Menschen ausmacht, oder in seinem denkenden Princip und noch viel weniger wird dergleichen in der der denkenden Substanz Gottes stattfinden. Jeder Mensch, so weit er ein fühlendes Wesen ist, ist während seines ganzen Lebens und in allen verschiedenen Organen seiner Sinne ein und derselbe Mensch. Eben so ist Gott überall und beständig ein und derselbe Gott. Er ist überall gegenwärtig, und zwar nicht nur virtuell, sondern auch substantiell; denn man kann nicht wirken, wenn man nicht ist. Alles wird in ihm bewegt und ist in ihm enthalten


  1. Pocok leitet das Wort Gott (Deus) vom arabischen Worte Du (Genitiv Di) ab, welches Herr bedeutet, und in diesem Sinne werden die Fürsten Götter genannt, (Psalm 84., V. 6 und Joh. Cap. 10., V. 45.) Moses wird der Gott seines Bruders Aron und des Königs Pharao genannt (Exodus, Cap. 4., V. 16. und Cap. 7., V. 1.) und in demselben Sinne wurden sonst die Seelen der Fürsten von den Heiden Götter genannt, aber mit Unrecht, denn nach ihrem Tode haben sie keine Herrschaft mehr.
    Bemerkung des Verfassers.
Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 509. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/517&oldid=- (Version vom 1.8.2018)