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Seite:NewtonPrincipien.djvu/466

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Axe, welche aus den Bewegungen aller ihrer Theilchen zusammengesezt ist, sich zur Bewegung des vorher bemerkten Ringes verhalten wird, wie die Materie der Erde zur Materie des Ringes, und wie das dreifache Quadrat aus dem Viertelbogen jedes Kreises zum doppelten Quadrate des Durchmessers zusammengenommen. Beide Bewegungen stehen also im zusammengesetzten Verhältniss der Materie zur Materie und der Zahlen 925275 : 1000000.

Die Bewegung eines Cylinders, welcher sich um seine als fest vorausgesetzte Axe dreht, verhält sich nämlich zur Bewegung der eingeschriebenen Kugel, welche sich zugleich um dieselbe Axe dreht, wie 4 gleiche Quadrate zu 3 in diesen eingeschriebenen Kreisen.

Ferner verhält sich die Bewegung des Cylinders zur Bewegung eines sehr dünnen Ringes, der die Kugel und den Cylinder in ihrem gemeinschaftlichen Berührungspunkte umgiebt, wie die zweifache Materie des Cylinders zur dreifachen des Ringes. Endlich verhält sich die gleichförmig fortgesetzte Bewegung dieses Ringes um die Axe des Cylinders zu seiner gleichförmigen und gleichzeitigen Bewegung um seinen eigenen Durchmesser, wie die Peripherie des Kreises zu seinem doppelten Durchmesser.[1]

§. 47. Zweite Hypothese. Wenn der besprochene Ring allein seinen Umlauf in der Ebene der Erdbahn und mit der jährlichen Bewegung macht, während der ganze übrige Theil der Erde fortgenommen ist; wenn er sich inzwischen durch die tägliche Bewegung um seine Axe, welche um 23½° gegen die Ebene der Ekliptik geneigt ist, dreht: so wird die Bewegung der Aequinoctialpunkte dieselbe sein, mag dieser Ring fest oder flüssig sein.

§. 48. Aufgabe. Man soll die Präcession der Aequinoctien bestimmen.

Die mittlere stündliche Bewegung der Mondknoten in einer kreisförmigen Bahn war, wenn diese Knoten sich in den Quadraturen befinden, = 16,"6, und die Hälfte hiervon oder 8,"3 ist, aus den früher erklärten Gründen, die mittlere stündliche Bewegung der Knoten in dieser Bahn. Diese Bewegung beträgt daher während eines ganzen siderischen Jahres

1.   20° 11' 46" (20° 12' 29").[2]

Es würden sich daher die Mondknoten in einer solchen Bahn jedes Jahr um 20° 11' 46" rückläufig bewegen, und wenn mehrere Monde vorhanden wären; so würde (nach §. 107., Zusatz 16. des ersten Buches) die Bewegung der Knoten eines jeden der Umlaufszeit proportional sein.

Wenn also der Mond sich um die Erde, in der Nähe ihrer Oberfläche und in der Zeit eines Sterntages bewegte, so würde sich die jährliche Bewegung seiner Knoten zu 20° 11' 46" verhalten, wie die Dauer eines Sterntages zur Umlaufszeit des Mondes, d. h. wie

2.   23h 56m : 27d 7h 43m = 1436 : 39343.

Dieselbe Bewandtniss wird es mit einem Ringe von Monden haben, welcher die Erde umgiebt; mögen die letzteren zusammenhängend sein,


  1. [644] No. 296. S. 458. Zur Verdeutlichung des Inhalts dieses §. mögen folgende Sätze hier hinzugefügt werden. I. Satz. Die Grösse der Bewegung eines Kreises, welcher mit constanter Geschwindigkeit um seinen Mittelpunkt getrieben wird, ist dem Cubus des Radius proportional. [645] Setzt man Ca = r, so ist die Menge der kleinen Körper eines, Peripherie umgebenden sehr schmalen Ringes proportional 2rdr.
    Fig. 271.

    Ist die Winkelgeschwindigkeit constant, so wird die Geschwindigkeit in a proportional r; also das Differential der Grösse der Bewegung in a proportional 2r²dr · r = 2r²dr und die Bewegung des Kreises proportional

    1.   2r²dr = ⅔r³,

    d. h. dem Cubus des Radius.

    Zusatz 1. Würde alle Materie auf dem äussern Kreise AD vereinigt, wo CA = R; so wäre das Differential der Masse wie vorhin proportional 2rdr, die Geschwindigkeit in A proportional R, mithin das Differential der Grösse der Bewegung selbst proportional R · 2rdr und in diesem Falle die Grösse der Bewegung selbst proportional

    2.   R · rdr = R2rdr = R³.

    Aus Gleichung 1. folgt für r = R die Grösse der Bewegung = ⅔R³.

    Demnach verhält sich die Bewegung im letzten Falle zu der im erstem Falle stattfindenden Bewegung, wie

    3.   3 : 2

    Zusatz 2. Die Bewegung eines Kreises verhält sich zur Bewegung eines sehr dünnen kreisförmigen Ringes, welcher mit gleicher Winkelgeschwindigkeit wie jener um den Mittelpunkt getrieben wird, wie die zweifache Materie des Kreises zur dreifachen des Ringes.

    Für Aa = α ist nämlich dieses Verhältniss ⅔R³ : R2rdr

    = ⅔R³ : R [(R + α)² — R²]
    4.   = 2R² : 3[(R + α)² — R²] = 2 Kreis: 3 Ring.

    Zusatz 3. Werden Cylinder von gleicher Höhe um ihre Axen mit gleicher Winkelgeschwindigkeit gedreht, so verhalten sich die Grössen ihrer Bewegungen wie die Cuben der Radien ihrer Grundflächen.

    Jeder dieser Cylinder ist nämlich als ein Aggregat gleich vieler, ihrer Grundfläche gleicher, Kreise anzusehen.

    Zusatz 4. Wäre die ganze Materie des Cylinders auf dem Mantel vereinigt, so würde bei gleicher Geschwindigkeit die Grösse der Bewegung [646] in diesem Falle sich zu der im vorigen Falle verhalten, wie 3 : 2. Dies folgt aus Zusatz 1.

    Zusatz 5. Wenn bei unveränderter geringer Dicke der Wand, wie auch unveränderter Breite des innern Raumes, durch allmählige Abnahme der Höhe, die Wand selbst sich zusammenzieht und zuletzt in einen Ring oder eine Zone übergeht; so wird, wenn auf der in einen Ring zusammengezogenen Wand dieselbe Materie bleibt, welche früher innerhalb des ganzen Cylinders befindlich war, auch die Bewegung des Ringes unverändert bleiben und sich zur ursprünglichen Bewegung des Cylinders verhalten, wie 3 : 2.

    Zusatz 6. Die Bewegung eines um die Axe herumgetriebenen Cylinders verhält sich zur Bewegung eines sehr dünnen, den Cylinder umgehenden Ringes, wie die doppelte Materie des Cylinders zur dreifachen Materie des Ringes.

    Denkt man sich

    einen Cylinder C, dessen Radius = r und Materie = m,
    einen andern C', „ „ = r „ „ = μ
    und einen Ring R, „ „ = r „ „ = μ

    so hat man, wenn C, C', R zugleich die Bewegung dieser drei Körper bezeichnen, C : C' = m : μ, C' : R = 2 : 3 (Zusatz 5.), also C : R = 2m : 3μ.

    Fig. 272.

    II. Satz-Aufgabe. Um den Kreis GBJL ist das Quadrat ACMK und innerhalb des erstern die Figur GBEJL so beschrieben, dass für jede Ordinate DE

    1.   DE : DF = DF² : HJ²

    sei; man soll den Flächeninhalt dieser Figur mit dem des Kreises vergleichen.

    Man setze DE = y', DF = y, HD = x, HJ = r, alsdann ist nach Proportion 1. y' : y = y² : r², also

    2.   y' =

    Es ist aber y² = r² — x², mithin y' = und so jener Flächeninhalt von HBEJ.

    3.   .

    Der erste Ausdruck auf der rechten Seite verschwindet für beide Grenzen x = o und x = r, das Integral auf derselben Seite ist gleich dem Flächeninhalt des Quadranten HBFJ. Setzt man daher den Flächeninhalt des ganzen Kreises = A, so wird der Flächeninhalt von

    4.   GBEJL = ¾A.

    III. Satz. Wenn der eine Ring ACD gleichförmig um sein Centrum [647] B, der andere EFKJ mit derselben Winkelgeschwindigkeit um den Durchmesser EK bewegt wird; so verhält sich die Grösse der Bewegung des ersten Ringes zu derjenigen des ihm gleichen zweiten Ringes, wie

    Fig. 273.

    π : 2. Ist der Radius beider Kreise = r, AC = EF, das Element der Winkelbewegung in beiden Fällen = dv; so wird das Element der Geschwindigkeit des Punktes C im ersten Ringe = rdv, im zweiten hingegen = FG · dv = ydv. Die Geschwindigkeit des Punktes C kommt allen Punkten desselben Ringes zu, und wenn wir daher dieselbe, mit der ihnen allen zusammen entsprechenden Materie = 2rπ multipliciren; so wird

    1.   2rπ · rdv = 4r²π²

    die Grösse der Bewegung dieses Ringes, wenn derselbe einen ganzen Umlauf zurückgelegt hat.

    Setzen wir im zweiten Ringe EFKJ das Element der Peripherie in F = ds, so ist ds · ydv das Element der Bewegung dieses Ringes, und es muss das Integral von dv, wie auch das von yds über die ganze Peripherie erstreckt werden. Für HG = x haben wir aber r² = x² + y² und ds² = dx² + dy² d. h. o = xdx + ydx und so ds² = dx² + also

    2.   yds = rdx.

    Statt yds über die ganze Peripherie haben wir jetzt rdx von x = — r bis x = + r zu integriren, wodurch wir den Halbkreis ETK berücksichtigen. Damit auch die andere Hälfte KJE beachtet werde, haben wir das bestimmte Integral noch mit 2 zu multipliciren. Die Grösse der Bewegung des zweiten Ringes ist demnach

    3.   2r dx dv = 8πr².
    [648] Nach 1. und 3. verhält sich daher die Bewegung des ersten Ringes zu der des zweiten, wie
    4.   π : 2.

    Aus den bisherigen 3 Sätzen folgt nun leicht die Wahrheit der in §. 46. ausgesprochenen Behauptung.

    Denkt man sich nämlich in obiger Figur zum II. Satz den Cylinder und die Kugel mit gleichförmiger Bewegung um die Axe BL gedreht, so wird für den DN entsprechenden Kreis, nach II. Satz, die Grösse der Bewegung proportional DN³ = r³ und für den DF entsprechenden Kreis proportional DF³ = y³; mithin, wenn wir die Grösse der Bewegung des Cylinders durch (C), und die der Kugel entsprechende durch (K) bezeichnen,

    1.   d(C) : d(K) = r³ : y³ = ry : yy' = r: y' (II. Satz, Gl. 2.)
    = Constans, d(C) = Const. rdx

    und durch Integration

    2.   (C) = Const. rdx = Const. r²

    oder, um es über das ganze Quadrat ACMK zu erstrecken,

    3.   (C) = Const. 4r².

    Ferner

    4.   (K) = 4 Const. y'dx = Const ¾r²π (II. Satz)

    und

    5.   (K) : (C) = ¾r²π : 4r² = 3r²π : 4 · (2r)².

    Die Kugel verhält sich zum umschriebenen Cylinder wie

    6.   4/3r³π : 2r³π = 2 : 3.

    Da nun im I. Satz, Zusatz 6. die Masse des Cylinders durch m bezeichnet wurde, so wird jetzt (nach Gleichung 6.) die Masse der Kugel m' = ⅔m.

    Ferner wollen wir die Bewegung des Ringes ACD um seinen Mittelpunkt durch (R) und die Bewegung des Ringes EFKJ um seinen Durchmesser EK durch (R') bezeichnen; alsdann ist nach III. Satz, 4. (R) : (R') = π : 2. Verbinden wir nun die folgenden Proportionen mit einander: (K) : (C) = 3r²π : 4(2r)², (C) : (R) = 2m : 3μ = 3m' : 3μ = m' : μ, (R) : (R') = π : 2; so ergibt sich

    7.   (K) : (R') = m' · 3r²π² : 8μ(2r)²

    oder kürzer (K) : (R') = m' ·  : μ; (K) : (R') = 925275m' : 1000000μ.

    Diese hier aufgeführten Sätze sind im Wesentlichen der Angabe von Newton’s Werken: Isaaci Newtoni Opera quae extant omnia. Commentarius illustrabat Samuel Horsley. L. L. D. R. S. S. Londini MDCCLXXXII. entlehnt. Nur die Führung der Beweise weicht von der dortigen etwas ab.

  2. [649] No. 297. S. 458. Im ursprünglichen Texte hat Newton die stündliche mittlere Bewegung der Knoten = 16II 35III 16IV 36V angegeben, deren Hälfte = 8II 17III 38IV 18V den im Text aufgeführten Werth für das siderische Jahr ergibt. Aus dem von mir benutzten abgekürzten, etwas zu grossem Werthe 8,"3 hat sich der in Klammern aufgeführte Werth für das Jahr ergeben.
Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 458. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/466&oldid=- (Version vom 1.8.2018)