würden. Obgleich man durch beständige Verknüpfung der Ursachen vom Zusammengesetzten zum Einfachen fortzuschreiten pflegt, kann man doch nicht weiter kommen, sobald man zur einfachsten Ursache gelangt ist. Von der letztern kann keine mechanische Erklärung gegeben werden; würde diese gegeben, so wäre die Ursache noch nicht die einfachste. Wird man daher diese einfachsten Ursachen verborgene nennen und dieselben verbannen wollen? Zugleich würden dann auch die unmittelbar von ihnen abhängenden und eben so die weiter abhängenden Ursachen verbannt werden, bis die Naturlehre von allen Ursachen frei und gereinigt wäre.
Manche halten die Schwere für unnatürlich und nennen sie beständig ein Wunder. Sie wollen sie daher verwerfen, da in der Physik aussernatürliche Ursachen nicht stattfinden. Bei der Widerlegung dieses durchaus thörichten Einwurfes, welcher die ganze Naturforschung umstösst, zu verweilen ist wohl kaum der Mühe werth. Entweder leugnen sie, dass die Schwere allen Körpern innewohne, was jedoch nicht behauptet werden kann, oder sie halten sie desshalb für aussernatürlich, weil sie aus anderen Beziehungen der Körper und daher nicht aus mechanischen Ursachen entspringt. Sicher finden ursprüngliche Beziehungen der Körper statt, welche von andern nicht abhängen, weil sie eben ursprüngliche sind. Man mag daher zusehen, ob nicht alle diese aussernatürliche und desshalb zu verwerfen seien, und zusehen, wie künftig die Naturlehre beschaffen sein würde.
Einigen gefällt diese ganze Physik des Himmels desshalb weniger, weil sie den Meinungen von Cartesius zu widerstreiten und kaum damit vereinigt werden zu können scheint. Diese mögen an ihrer Ansicht Freude finden, jedoch müssen sie auch billig handeln, und andern die Freiheit nicht versagen, welche sie für sich selbst in Anspruch nehmen. Es wird daher erlaubt sein, Newton’s System, welches uns wahrer erscheint, beizubehalten und zu umfassen, wie auch den durch Erscheinungen dargethanen Ursachen lieber zu folgen, als gänzlich erdichteten und noch nicht erwiesenen. Zur wahren Forschung gehört, die Natur der Dinge aus wirklich existirenden Ursachen abzuleiten und die Gesetze aufzusuchen, nach denen der hohe Weltschöpfer die schönste Ordnung herstellen wollte, nicht aber die, nach denen er es konnte, wenn es ihm beliebt hätte. Es stimmt nämlich mit der Vernunft überein, dass aus mehreren etwas von einander verschiedenen Ursachen dieselbe Wirkung hervorgehen könne; diejenige Ursache wird aber die wahre sein, aus welcher sie in der That und wirklich hervorgeht, die übrigen finden in einem wahren Systeme nicht statt. In sich selbst bewegenden Uhrwerken kann dieselbe Bewegung des Zeigers entweder aus einem angehängten Gewichte, oder aus einer inwendig eingeschlossenen Feder entspringen. Wenn das zerlegte Uhrwerk wirklich mit einem Gewichte construirt ist, so wird man denjenigen auslachen, welcher sich eine Feder gedacht hat und durch eine so voreilig erdachte Hypothese die Bewegung des Zeigers
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/20&oldid=- (Version vom 19.2.2018)