welcher derselbe Körper P in derselben Umlaufszeit um irgend einen festen Punkt S im Abstände PS sich bewegen könnte) in jenem Verhältniss der Quadrate der Umlaufszeiten. Sind daher die Umlaufszeiten sogleich mit dem Abstande PS gegeben, so kennt man die mittlere Kraft LM, und ist diese bekannt, so wird auch die Kraft MN sehr nahe durch die Proportionalität der Linien PS und MN bekannt
Zusatz 18. Nach denselben Gesetzen, nach denen der Körper P sich um S bewegt, denke man sich mehrere flüssige Körper, welche sich um denselben Körper S und in gleichen Abständen von ihm bewegen. Hierauf mögen sie sich gegenseitig berühren, und so ein flüssiger, runder und um S concentrischer Ring entstehen; alsdann werden die einzelnen Theile desselben, welche alle ihre Bewegung nach dem Gesetze des Körpers P vollführen, dem Körper S näher kommen und in ihrer Conjunction und Opposition mit dem Körper Q sich schneller bewegen, als in den Quadraturen. Die Knoten des Ringes, oder seine Durchschnitte mit der Ebene der Bahn des Körpers Q oder S ruhen in den Syzygien, bewegen sich aber ausserhalb der letztern rückwärts, und zwar am geschwindesten in den Quadraturen, langsamer hingegen in andern Punkten der Bahn. Auch die Neigung des Ringes wird veränderlich sein, und seine Axe bei den einzelnen Umläufen oscilliren, jedoch nach Vollendung eines Umlaufes an die frühere Stelle zurückkehren; ausser in so fern sie durch die Praecession herumgetragen wird.
Zusatz 19. Man stelle sich nun vor, dass der aus einer nicht flüssigen Materie bestehende Körper S vergrössert und bis an diesen Ring ausgedehnt werde. Derselbe enthalte in einem an seinem Umfange ausgehöhlten Graben, Wasser, und drehe sich mit derselben periodischen Bewegung gleichförmig um seine Axe. Die Flüssigkeit wird (wie im vorhergehenden Zusätze) wechselweise beschleunigt und verzögert, und bewegt sich in den Syzygien geschwinder, in den Quadraturen langsamer als die Oberfläche der Kugel; sie wird daher in dem Graben, nach der Weise des Meeres, hin- und herfliessen. Bewegt sich das Wasser um den ruhenden Mittelpunkt der Kugel, so wird es, wenn die anziehende Kraft des Körpers Q aufgehoben ist, keine hin- und hergehende Bewegung annehmen. Dasselbe Verhältniss findet bei einer gleichförmig und geradlinig fortschreitenden und inzwischen sich um ihr Centrum drehenden Kugel statt (nach Gesetze, Zusatz 5.), wie auch bei einer Kugel, welche von ihrer geradlinigen Bewegung gleichförmig abgezogen wird (nach Gesetze, Zusatz 6.).
Nähert sich aber der Körper Q, so wird durch seine ungleiche Anziehung sehr bald das Wasser gestört. Stärker wird nämlich das nähere, schwächer das entferntere angezogen. Die Kraft LM zieht aber das Wasser abwärts in den Quadraturen und lässt es bis zu den Syzygien herabschreiten, wogegen die Kraft KL es in den Syzygien aufwärts zieht, sein Herabsteigen hemmt und es bis zu den Quadraturen ansteigen
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/193&oldid=- (Version vom 12.5.2018)