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Seite:Neuesarchivfur03sach.djvu/110

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Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz

Wie nämlich zu dem Lande Budissin die drei Weichbilde Bautzen, Kamenz, Löbau gehörten, so zu dem Lande Görlitz die beiden Weichbilde Görlitz und Lauban, zu denen sich seit dem Abschluss des Sechsstädtebündnisses (1346) auch noch das böhmische Zittau hielt.[1] Wenn daher bei Gelegenheit jenes Leichenbegängnisses unter dem Banner mit der goldnen Zinnenmauer im blauen Felde nicht bloss die Stadt Bautzen, sondern auch der Adel des gesammten Landes Budissin einherzog, so enthielt auch dieses Banner noch keineswegs das Wappen der ganzen (nachmaligen) Oberlausitz, sondern lediglich das der Stadt Bautzen, als der Hauptstadt der westlichen Landeshälfte. Die Zinnenmauer ist also unzweifelhaft aus dem Bautzner Stadtwappen im Laufe der Zeit zum allgemeinen Landeswappen geworden, nicht aber umgekehrt, wie manche haben behaupten wollen. In ganz gleicher Weise war auch die Schildfigur der Niederlausitz, der gehende Ochs, ursprünglich nur das Stadtwappen der Landeshauptstadt, nämlich Luckau.

Seit dem Regierungsantritt König Wenzels (1378) verschwindet sowohl die Zinnenmauer, als der Ochs für lange Zeit gänzlich aus den landesherrlichen Siegeln.[2]


  1. Ganz ebenso war noch in viel späterer Zeit (1421) die Ordnung, in welcher die gesammte oberlausitzische Heeresmacht in den Krieg zu ziehen pflegte. Wenn man gegen den Feind aufbrach, kam zuerst der Wagen des Landvogts, dann die Wagen der Städte Bautzen, Löbau, Kamenz, darauf die Ritterschaft dieser drei Weichbilde; es folgten die Wagen der Städte Görlitz, Zittau, Lauban, dann die Ritterschaft dieser drei Weichbilde. Vgl. Knothe, Rechtsgeschichte der Oberlausitz 124. Lausitzer Magazin 1774. 194.
  2. Das grosse Siegel Wenzels enthält neben der thronenden Königsgestalt nur zwei Wappenschilde, den mit dem Reichsadler und den mit dem böhmischen Löwen, das Siegmunds sechs, das Albrechts II. sogar sieben Schilde mit den Wappenbildern unterthäniger Länder, aber auf keinem den Ochs oder die Mauer. v. Ledebur (Streifzüge durch die Felder des königlich preussischen Wappens. 1842. 72) erwähnt, auf einem Siegel von Elisabeth, der Tochter Herzog Johanns von Görlitz, Pfalzgräfin vom Rhein, erscheine auch der Ochs und „eine etwas undeutliche zweimalige Quertheilung“, womit jedenfalls die Oberlausitz angedeutet sein solle. Wir kennen dies Siegel nicht aus eigner Anschauung, möchten aber daran zweifeln, dass sich darauf eine heraldische Bezeichnung der Oberlausitz befinden solle. Johann von Görlitz, von welchem sich im Görlitzer Rathsarchiv 17 Originalurkunden mit Siegeln befinden, hatte in seinem Siegel einen quadrierten Schild, der in 1 und 4 den böhmischen Löwen, in 2 und 3 einen einköpfigen Adler enthält, und besass thatsächlich zu keiner Zeit die gesammte Oberlausitz.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Alterthumskunde. Dritter Band, Zweites Heft. Wilhelm Baensch Verlagshandlung, Dresden 1882, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuesarchivfur03sach.djvu/110&oldid=- (Version vom 1.8.2018)