Walther Kabel: Miß Unverzagt (Laibacher Zeitung. Nr. 35–46.) | |
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(Fortsetzung.)
Auch die Herero, deren Wachen in Deckung hinter Hügeln und Gesträuchgruppen rings um die Station lagen, schienen jetzt die Gefahr, die ihrem inmitten jenes Dornenfeldes befindlichen Lager drohte, bemerkt zu haben.
Man hörte deutlich ihr Rufen und Schreien, sah auch in der immer lichter werdenden Morgendämmerung schnell vorüberhuschende Gestalten, die sämtlich dem bedrohten Lagerplatze zustrebten.
Otting hatte die Situation sofort richtig erfaßt.
Schnell war die gesamte Besatzung alarmiert, und als gerade die Hauptmasse der Hererokrieger mit dem schleunigen Fortschaffen der Weiber und Kinder und des ängstlich brüllenden Viehes beschäftigt war, begann in dieses von roter Glut überstrahlte Chaos von Mensch und Tier das rasende Schnellfeuer der deutschen Soldaten einzuschlagen, die in einer Stärke von vierzig Mann unter ihrem Kommandanten in langer Schützenlinie gegen das brennende Dornenfeld vorgedrungen waren, während man die Station selbst nur unter dem Schutze des kleinen Restes der Besatzung und der Farmer und ihrer Leute zurückgelassen hatte, indem man darauf rechnete, die Schwarzen würden sich in ihrer Verwirrung zu einem wirkungsvollen Sturm auf die Feste kaum aufraffen können.
Um nicht etwa im Rücken angegriffen zu werden, hatte Oberleutnant von Otting außerdem das einzige ihm zur Verfügung stehende Maschinengewehr dicht hinter seiner Stellung auf einer kleinen Anhöhe postiert, von wo aus es seine Kugelsaat je nach Bedarf nach jeder Richtung zu schicken vermochte. Vorläufig waren allerdings die gleichmäßig schnell einander folgenden Schüsse dieser so äußerst wirksamen modernen Waffe auf dasselbe Ziel gerichtet, welches auch die Schutztruppler unter ein verheerendes Feuer nahmen – auf den Lagerplatz der Herero mit seinem dichten Gewimmel von Mensch und Tier, in dem kaum ein Geschoß fehlgehen konnte.
Die Lage war auf diese Weise für den an Zahl um das zehnfache überlegenen Feind fast mit einem Schlage eine geradezu verzweifelte geworden.
Auf einen Raum von vielleicht 1000 Quadratmetern waren in der Richtung des lohenden Dornenfeldes die meisten Krieger, dazu unzählige Weiber und Kinder[WS 1] und Scharen von Rindern und Schafen eng zusammengedrängt. Und vor dem einzigen, kaum hundert Meter breiten Ausgang aus dieser feurigen, taghell erleuchteten Falle, in der die verderbliche Hitze von Minute zu Minute stieg, standen die Deutschen in gut gedeckter Stellung wie ein eiserner, nicht zu beseitigender Riegel.
Gewiß – auch hier bewies der Feind eine anerkennenswerte Entschlossenheit und Todesverachtung. In dichten Haufen stürmten die Herero des öfteren vor, um die Schutztruppler zu überrennen und sich aus der verderblichen Umzingelung zu befreien. Aber jeder dieser mit wütendem Geschrei unternommenen Angriffe zerschellte an dem wirkungsvollen, ruhigen Feuer des deutschen Gegners.
Immer wieder mußten die Schwarzen unter den größten Verlusten in die Backofenglut der Lichtung zurück. Dagegen machten die noch auf ihren Posten in der Umzingelungslinie verbliebenen Herero, deren Zahl immerhin, wie sich später herausstellte, gegen hundert betragen hatte, auch nicht einen einzigen Versuch, ihren bedrängten Kameraden durch einen energischen Vorstoß gegen den Rücken der deutschen Aufstellung Luft zu schaffen.
Inzwischen war es völlig Tag geworden.
Seit Minuten war schon bei den Herero kein Schuß mehr gefallen. Auch Oberleutnant von Otting hatte das Feuer einstellen lassen, um nicht unnötig Munition zu verschwenden. Er wußte ja, daß es für den von den Flammen immer dichter eingeschlossenen Feind nur ein Mittel gab, aus dieser Hölle zu entkommen: Bedingungslose Unterwerfung.
Und wirklich erschienen jetzt auch in dem Eingange der Lichtung drei unbewaffnete Herero, von denen der eine ein an eine lange Stange gebundenes weißes Stück Zeug hin- und herschwenkte.
Otting ließ die drei ungehindert sich nähern.
Es war der Führer der Herero-Abteilung mit zweien seiner Unterführer.
Nach kurzer Verhandlung, die der Oberleutnant absichtlich in möglichst schroffem, unversöhnlichem Tone führte, ergab sich der Feind.
Einzeln sollten die erwachsenen Männer ohne Waffen in Abständen von zehn Schritt den von den Schutztrupplern gebildeten Halbkreis betreten. Ebenso mußten sich die noch um die Station verstreuten Schwarzen jeder weiteren Feindseligkeit enthalten, widrigenfalls der Oberleutnant ohne Schonung den Kampf wieder aufzunehmen drohte.
Alles weitere, insbesondere eine Bestrafung derjenigen Schwarzen, die die Bewohner der eingeäscherten Farm Markwartshöhe niedergemetzelt und die Leichen aufs bestialischeste verstümmelt hatten, behielt Otting sich vor.
Schnell waren die nötigen Befehle und Verhaltungsregeln gegeben, die völlig genügten, um den Herero jede Lust zu einem hinterlistigen Streich zu benehmen.
(Schluß folgt.)
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Krieger
Walther Kabel: Miß Unverzagt (Laibacher Zeitung. Nr. 35–46.). Ignaz Alois Edler v. Kleinmayr, Laibach 1911, Seite 1(Nr.45). Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mi%C3%9F_Unverzagt.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)