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Seite:Meyers b9 s0464.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9

oder 35 Kaliber lang) bezeichnet. Die glatte K. schoß nur mit Vollkugeln und Kartätschen, Haubitze und Mörser dagegen Hohlgeschosse, ein Unterschied, der bei den gezogenen Kanonen nicht mehr besteht. Vgl. Geschütz.

Kanōnen, bis über das Knie hinaufreichende Reiterstiefel, namentlich der Studenten, angeblich nach den Kanonikern benannt.

Kanonenbaum, s. Cecropia.

Kanonenboote (engl. Gun boats, Gun vessels; franz. Canonnières), kleinere Kriegsschiffe, welche für den Küstenkrieg bestimmt, deshalb durch geringen Tiefgang charakterisiert sind und in der Regel nur ein Geschütz, aber großen Kalibers, führen. Die Notwendigkeit, K. auch an fremden Küsten zu verwenden, führte zu ihrer Vergrößerung behufs Hebung ihrer Seefähigkeit. Sie erhielten erheblich vollere Takelage, welche bei erstern, dem Küstenkrieg angemessen, unterdrückt war. K. dieser Art bilden den Übergang zu den Kreuzern, denen sie häufig zugezählt werden. Aus dem Bedürfnis, Schiffe von der Küste aus zum Kampf mit Panzerschiffen zu befähigen, entstanden die Panzerkanonenboote, welche hinter einem Bugpanzer ein Geschütz schwersten Kalibers führen. Man gab ihnen sodann auch einen Rammbug, vermehrte ihre Panzerstärke und ihre Armierung und gelangte so zu gepanzerten, kreuzerähnlichen Schiffen (Panzerkreuzern). Da bei dem flachen Tiefgang der K. Maschinen und Kessel nicht durch Versenkung unter die Wasserlinie geschützt werden konnten, so hat man ihnen in neuester Zeit ein stark gewölbtes Panzerdeck gegeben (z. B. „Bremse“ und „Brummer“ in Deutschland), welches an der Bordlinie 1,4 m unter und im Scheitel 0,25 m über Wasser liegt, und unter welchem die Maschine sich befindet (Deckpanzerschiffe); letztere konnte nun kräftiger sein, und man erhielt größere Fahrgeschwindigkeit. Diese mit einem Rammsteven und Torpedolancierapparaten versehenen K. sind daher auch Torpedorammkreuzer genannt worden. England besitzt eine größere Anzahl K. mit einem schweren Geschütz im Bug auf versenkbarer Plattform (ehemals in Moncrieffscher Verschwindelafette), die man dort „Floating carriages“ (schwimmende Lafetten) genannt hat. S. Marine.

Kanonenfutter, aus Shakespeares „Heinrich IV.“ (1. Teil, 4, 2) stammender Ausdruck für Soldaten, engl.: „Food for powder“ („Futter für Pulver“).

Kanonengut, s. v. w. Kanonenmetall.

Kanonenjolle, s. Kanonenschaluppe.

Kanonenkugelbaum, s. Couroupita.

Kanonenmetall, s. Bronze und Geschütz, S. 219.

Kanonenofen, s. Zimmeröfen.

Kanonenschaluppe, veraltetes Küstenverteidigungsfahrzeug, zum Rudern bestimmt, auch mit Masten und Segel und 1–2 Geschützen ausgerüstet. Seit Einführung der Dampfkanonenboote ohne Bedeutung.

Kanonenschlag, s. Feuerwerkerei, S. 224.

Kanonier (franz. Canonnier), Artillerist ohne Charge, gemeiner Artillerist; Bezeichnung, welche um das Jahr 1700 in Gebrauch kam.

Kanōnik, in der Epikureischen Philosophie die Logik oder Dialektik, nach dem „Kanon“ (s. d.) Epikurs; in der Musik die mathematische Klanglehre, welche die Töne als bestimmte Größen betrachtet und gegeneinander abmißt; vgl. Kanon (Musik).

Kanonĭker (lat. Canonĭci), ursprünglich diejenigen Priester, welche nach einer gewissen Regel (Kanon) zusammenlebten. Nach dem Vorbild des Augustin und des Eusebios von Vercelli (im 4. Jahrh.) wurde die vita canonica (so genannt, weil sie sich nach dem Ausspruch des Kanons, Apostelgesch. 4, 32, richtete), d. h. die klösterliche Vereinigung der Kleriker (Kanoniker), durch die Regel Chrodegangs (s. d.) von Metz für seine Diözese angeordnet und durch das Aachener Konzil von 816 (oder 817) auf alle Kirchen im fränkischen Reich, an denen sich eine Mehrzahl von Geistlichen befand, ausgedehnt (Regula Aquisgranensis). Als diese Form des Zusammenlebens der Geistlichen im sogen. Kapitel (s. d.) schon im 10. Jahrh. ihrer Auflösung entgegenging, indem die dem Kapitel gehörenden Güter unter die Mitglieder verteilt wurden, schieden sich die bei der Regel verharrenden als Canonici regulares von den weltförmigen, den Canonici saeculares. Jene bildeten eine neue Klasse von Mönchen, zu deren reichen Pfründen und Pfarreien sich viele aus dem Adel drängten, um auf diesem Weg zu den höhern Kirchenwürden aufzusteigen. Von neuem einreißende Verweltlichung rief verschiedene Reformationen des kanonischen Lebens hervor, als deren namhafteste die Prämonstratenserregel von Norbert (s. d.) gilt. Die Kleidung der K. war im 12. Jahrh. ein langer Leibrock, darüber das leinene Chorhemd (Alba); dann das Almutium, eine Mütze von Schaffell, welche Kopf, Hals und Schultern bedeckte; dazu ein schwarzer Mantel ohne Kragen und die Kalotte (Käppchen). Die spätern prachtliebenden Chorherren gaben dieser Tracht ein gefälligeres Aussehen und vertauschten namentlich das Käppchen mit dem viereckigen Barett, woran man jetzt die Chorherren zu erkennen pflegt. Jetzt nennt man K. (Kanonikus, Chorherr, Domherr, Domkapitular, Stiftsherr) das Mitglied eines Kapitels (s. d.). – Über K. in der Musik s. Kanonik.

Kanonĭkus, s. Kanoniker.

Kanonisation (griech.-lat. Canonizatio), die Aufnahme in den Kanon, d. h. das Verzeichnis der von der katholischen Kirche anerkannten Heiligen, also s. v. w. Heiligsprechung; vgl. Heilige.

Kanōnisch, dem Kanon (s. d.) gemäß, darauf bezüglich, insbesondere kirchlich oder päpstlich bestätigt.

Kanōnische Bücher (Kanon), im Gegensatz zu den apokryphischen Büchern sowohl diejenigen Schriften, welche die nachexilischen Juden in die Sammlung ihrer heiligen Schriften aufnahmen und in ihren Gottesdiensten zur Verlesung brachten, als auch diejenigen neutestamentlichen Schriften, die schon in der zweiten Hälfte des 2. Jahrh. dem alttestamentlichen Kanon als ebenbürtig zur Seite gesetzt wurden. Zu den kanonischen (auch protokanonischen, im Gegensatz zu deuterokanonischen, d. h. den später zugelassenen unter den apokryphischen) Büchern gehören 38 alttestamentliche Schriften, nämlich 17 Geschichtsbücher: die 5 Bücher Mosis, das Buch Josua, das Buch der Richter, das Buch Ruth, die 2 Bücher Samuels, die 2 Bücher der Könige, die 2 Bücher der Chronik, die Bücher Esra, Nehemia und Esther; fünf Lehrbücher: das Buch Hiob, der Psalter, die Sprüche Salomos, der Prediger Salomos, das Hohelied Salomos; 16 prophetische Bücher: Jesaias, Jeremias und dessen Klagelieder, Hesekiel, Daniel, Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jonas, Micha, Nahum, Habakuk, Zephanja, Haggai, Sacharja, Maleachi; 27 neutestamentliche Schriften, nämlich: die 4 Evangelien, die Apostelgeschichte, die 13 Briefe des Apostels Paulus, die beiden Briefe des Petrus, die 3 Briefe des Johannes, der Brief an die Hebräer, die Briefe des Jacobus und Judas und die Offenbarung des Johannes. Die Anerkennung des zweiten Briefs Petri, des zweiten und dritten des Johannes, der

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 464. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b9_s0464.jpg&oldid=- (Version vom 28.10.2024)