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Seite:Meyers b7 s0308.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 7

Ostpreußen, Cumberland etc. findet man Röhren in der Erde, die oft 8–10 m lang sind und bei einem äußern Durchmesser von einigen Zentimetern eine Öffnung von einigen Millimetern haben. Im Innern sind diese Röhren verglast, während sie von außen rauh sind. Nach unten verzweigen sie sich wie die Wurzeln eines Baums und werden nach und nach dünner. Diese Röhren sind nichts andres als ein Produkt des Blitzes, der die Sandkörner auf seinem Weg zusammengeschmolzen und sich dann in den tiefer gelegenen feuchten Erdschichten zerteilt hat. Selbst magnetische Wirkungen vermag der Blitz hervorzubringen. Er macht eiserne und stählerne Gerätschaften, in deren Nähe er vorbeischlägt, magnetisch, kehrt die Pole von Bussolennadeln um und setzt die Galvanometer und Elektromagnete auf Telegraphenstationen in Bewegung. Auf seinem Weg erzeugt der Blitz Ozongeruch (von Unkundigen Schwefelgeruch genannt), indem er den Sauerstoff der Luft in Ozon umwandelt. Auf dem Wasser werden Schiffe ebensogut vom Blitz getroffen wie Gebäude auf dem Land, und Arago hat nachgewiesen, daß die Wintergewitter auf dem Meer wenigstens weit gefährlicher sind als die Sommergewitter, was wohl damit zusammenhängen mag, daß die Wolken im Winter weit tiefer ziehen als im Sommer.

Der Donner entsteht ohne Zweifel durch die Vibrationen der beim Überschlagen des Blitzes gewaltsam erschütterten Luft. Er entsteht gleichzeitig mit dem Blitz, wird aber später wahrgenommen, weil der Schall sich weit langsamer fortpflanzt als das Licht. Das Licht sieht man gleichzeitig auf der ganzen Bahn des Blitzes, der Donner erreicht aber verhältnismäßig langsam das Ohr, und zwar wird der Beobachter den an dem nähern Ende der Bahn des Blitzes erzeugten Ton früher hören als den am entferntern Ende erzeugten. Hieraus erklärt es sich, warum der Donner nicht ein momentaner Knall, sondern ein Rollen ist, welches je nach der Länge des Blitzes und der Lage seiner Bahn in Bezug auf die Stellung des Beobachters längere oder kürzere Zeit anhält. Bei schweren Gewittern geht dem eigentlichen Schlag eine Folge einzelner höherer Töne vorher, welche man mit dem Geräusch vergleichen kann, welches entsteht, wenn Papier zerrissen wird. Dieses Geräusch, so kurz es ist, fehlt selbst bei der schnellen Aufeinanderfolge kaum, wo man sagt, daß Blitz und Donner augenblicklich sind. An dem polternden Rollen des Donners, welches oft so abnimmt, daß man es beendigt glaubt, dann aber wieder plötzlich stoßweise wächst, hat das Echo zwischen den Wolken wohl bedeutenden Anteil. Wegen der zickzackförmigen Gestalt des Blitzes kann eine vom Beobachter als Mittelpunkt aus beschriebene Kugel die Bahn des Blitzes in mehreren Punkten durchschneiden, es kann also eine Verstärkung des Schalles durch plötzliches Zusammentreffen mehrerer gleichzeitig gehörter Schläge entstehen; auch wird wohl die Intensität der elektrischen Explosion nicht auf der ganzen Strecke, wo sie erregt wird, gleich sein, weshalb auch der Donner als Folge derselben verschieden stark ausfallen muß. Die Zeit zwischen Blitz und Donner gibt ein einfaches Mittel an die Hand, um annäherungsweise die Entfernung der Gewitterwolke zu bestimmen. Der Schall pflanzt sich in der Sekunde bei 0° Wärme 333 m fort. Der Zeitunterschied zwischen Blitz und Donner läßt also leicht durch Multiplikation der Anzahl Sekunden mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles die Länge der geraden Linie vom Ausgangspunkt des Blitzes bis zum Auge des Beobachters finden, und diese Größe, mit dem Sinus der scheinbaren Winkelhöhe des Anfangspunktes vom Blitz multipliziert, gibt die senkrechte Höhe der Gewitterwolke vom Erdboden. Auf diesem Weg hat man die meisten Höhenbestimmungen von Gewitterwolken erhalten, und obgleich die Resultate im einzelnen sehr ungenau sein können, so gewähren sie doch in der Gesamtheit Anhaltspunkte zu weitern Schlüssen. Lambert fand die Höhe einer Gewitterwolke zu Berlin 25. Mai und 17. Juni 1773: 6050 und 5100 Fuß; d’Abbadie fand in Äthiopien Höhen von 6–7000 Fuß; Bestimmungen von Klein lieferten Höhen von 7500 Fuß, 16. Mai 1863 ausnahmsweise eine Höhe von 12,100 Fuß. In den Alpen erreichen die G. nur selten Höhen gleich der des Montblanc oder des Monte Rosa. Man kann annehmen, daß Gewitterwolken selten höher als 5000 m über der Erdoberfläche dahinziehen, und daß sie im Flachland im Durchschnitt eine Höhe von 1600–2000 m haben. Eine untere Grenze für die Höhe der G. ist nicht festzustellen, da bisweilen Gewitterwolken sich bis zur Höhe von Häusern oder Kirchen herabsenken. In der Gewitterwolke selbst ist der Donner nach Peytier und Hossard dumpf wie von Pulver, welches im Freien ohne Sprengung explodiert. Die Dauer des Rollens eines einen Blitz begleitenden Donners ist sehr verschieden, nach den Beobachtungen von Delisle bis 50 Sekunden. Donner ohne Blitz ist zwar beobachtet worden, doch ist dann der in einer obern Wolkenschicht entstandene Blitz nur durch eine untere verdeckt gewesen. Donnerschläge bei vollkommen heiterm Himmel gehören wahrscheinlich zu geologischen Erscheinungen, wenn man sie auch aus der Höhe zu hören glaubt. Der Donner ist nicht auf weithin hörbar; das größte Zeitintervall, welches man bis jetzt zwischen Blitz und Donner beobachtet hat, beträgt 72 Sekunden, was auf eine Entfernung von etwa drei geographischen Meilen schließen läßt. Daß der Donner schon in so geringer Entfernung aufhört, hörbar zu sein, ist um so auffallender, weil man Kanonenschüsse viel weiter hört. Denkt man sich den Donner dadurch entstehend, daß eine große Anzahl gleichzeitiger Explosionen, welche in einer Linie hintereinander liegen, nacheinander gehört werden, so kann man aus der Dauer des Donners auf die Länge der Bahn des Blitzes schließen. Diese bildet nämlich die Grundlinie eines Dreiecks, dessen beide andere Seiten der Abstand des Anfangs- und Endpunktes des Blitzes vom Beobachter sind. Da eine jede Seite eines Dreiecks größer als der Unterschied der beiden andern ist, so gibt die Dauer des Donners in Sekunden, mit der Schallgeschwindigkeit multipliziert, eine Linie, welche kürzer ist als die Länge der Bahn des Blitzes; doch müssen dabei Echos außer acht gelassen werden. Man erhält auf diese Weise durch Beobachtung, daß die Bahn des Blitzes oft meilenlang ist, wovon man sich übrigens auch überzeugen kann, wenn man Gelegenheit hat, auf einem hohen Berg ein G. unter sich in der Tiefe zu beobachten.

Das sogen. Wetterleuchten, welches man als blitzähnlichen Lichtschimmer oder blitzähnliches Aufleuchten der Wolken ohne alles Auftreten von Donner oft selbst bei ganz heiterm Himmel, meistens am Horizont oder in niedrigen Höhen, ausnahmsweise aber auch in der Nähe des Zeniths, ebenso meist nur im Dämmerlicht des Tags oder im Dunkel der Nacht und nur selten am hellen Tag beobachtet, ist jedenfalls auch elektrischer Natur. Es könnte vielleicht in einigen Fällen, namentlich da, wo sich die Erscheinung in größerer Höhe zeigt, als der Lichtschimmer

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 7. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b7_s0308.jpg&oldid=- (Version vom 7.8.2022)