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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

ein. Da er sehr weich verarbeitet wird, so schwindet er stark. Einmal getrocknet, scheidet der Lehmmörtel nicht weiter (wie der Kalkmörtel durch Aufnahme von Kohlensäure aus der ausgeatmeten Luft der Bewohner) Wasser aus; die mit Lehmmörtel verputzten Zimmer sind daher auch früher bewohnbar als die mit Kalkmörtel verputzten. Dagegen zieht der Lehmmörtel sehr leicht Feuchtigkeit an. Ausgedehnte Anwendung findet er zum Aufführen des Mauerwerks für gewöhnliche Feuerungsanlagen; auch dient er als Schutzmittel gegen Feuersgefahr, insofern das damit überzogene Holz ziemlich lange dem Feuer widersteht. Schamottemörtel besteht aus feuerfestem Thon (s. Thon) und dem Pulver der Porzellankapseln, der Schamottesteinbruchstücke oder Quarzsand. Man benutzt ihn zu feuerfesten Mauerwerken. Mischt man Kalkbrei mit gröblich gepulvertem Kalkspat oder kristallinischem Marmor, so erhält man die Masse, aus welcher der Stuck bereitet wird. Vgl. Heusinger v. Waldegg, Kalk-, Ziegel- und Röhrenbrennerei (3. Aufl., Leipz. 1875); Rühne, Lehrbuch der Kalk-, Zement-, Gips- und Ziegelfabrikation (Braunschw. 1877); Zwick, Kalk- und Luftmörtel (Wien 1879); Feichtinger, Chemische Technologie der Mörtelmaterialien (Braunschw. 1885).

Morten-Müller (eigentlich Müller, Morten), norweg. Maler, geb. 29. Febr. 1828 zu Holmestrand am Christianiafjord, begann 1847 seine Kunststudien in Düsseldorf, zuerst unter Tidemand und Gude, später als Schüler der Akademie unter Professor J. W. Schirmer. Von 1850 bis 1851 lebte er in Stockholm, und 1866 siedelte er nach Christiania über, wo er mit Unterstützung des Staats eine Malerschule leitete. Seit 1871 lebt M. wieder in Düsseldorf. Er veranschaulicht auf seinen Landschaften die Natur seines Vaterlandes am liebsten in den großartigen Gestaltungen der engen Fjorde und Thalspalten, der Hochgebirge und Waldwildnisse. Von besonderm Interesse sind seine Darstellungen der Nadelholzwaldungen beim Übergang der Thäler in das Hochgebirge. Von seinen Landschaften sind die bedeutendsten: norwegische Landschaft und die Einfahrt in den Hardangerfjord (beide in der Nationalgalerie zu Christiania), Föhrenwald (in der Galerie zu Hamburg), zwei Landschaften im Museum von Stockholm und zwei andre im Museum zu Bergen, großer Föhrenwald, Romsdalfjord mit historischer Staffage von Tidemand (1876), nächtlicher Fischfang in Norwegen, norwegischer Wasserfall mit Tannenwald (1879), norwegisches Fischerdorf am Christianiafjord (1880), norwegische Waldgegend mit Elentieren, norwegischer Urwald (1883), norwegische Fernsicht (1886). Mit romantischer Naturanschauung verbindet er ein Kolorit von voller realistischer Wirkung. 1874 wurde er Hofmaler und Mitglied der Akademie von Stockholm.

Morteratschgletscher, s. Bernina.

Mortes-payes (spr. mort-päh), ehemals in Frankreich zum Felddienst nicht mehr taugliche Soldaten, welche, auf halben Sold gesetzt, nur zu Besatzungszwecken dienten.

Mortier (spr. mortjeh), Edouard Adolphe Casimir Joseph M., Herzog von Treviso, Marschall von Frankreich, geb. 13. Febr. 1768 zu Câteau-Cambresis (Nord), trat 1791 in die Armee, focht bei Quiévrain, Jemappes und Neerwinden sowie bei den Belagerungen von Namur und Maastricht und bei Hondschoote. 1795 zeichnete er sich unter Lefebvre und Kléber bei Altenkirchen und Friedberg aus; 1798 focht er als Brigadegeneral bei Liptingen und Stockach, ward dann zum Armeekorps Massénas in die Schweiz beordert und kommandierte die 4. Division desselben. 1800 erhielt er das Kommando von Paris, 1803 besetzte er Hannover und ward 1804 zum Oberbefehlshaber der Artillerie, 1805 zum Marschall befördert. Er führte hierauf das 2. Korps gegen Österreich, ward aber vor Dürnstein (11. Nov.) von Kutusow geschlagen. Während der Schlacht bei Austerlitz war er zur Deckung Wiens beordert. In dem Krieg mit Preußen besetzte er 1. Nov. 1806 das Kurfürstentum Hessen, sodann die Hansestädte und leitete den Feldzug gegen die Schweden, welche er bei Anklam (16. und 17. April 1807) schlug, worauf er den Waffenstillstand zu Schlatkow (18. April) mit ihnen schloß. In der Schlacht bei Friedland (14. Juni) kommandierte er den linken Flügel. 1808 zum Herzog von Treviso erhoben, befehligte er in Spanien, wo er mit Lannes Saragossa eroberte, die Schlacht bei Ocaña (19. Nov. 1809) gewann und Soult in seinen Operationen gegen Badajoz unterstützte. Im Feldzug gegen Rußland erhielt er das Kommando über die junge Garde, an deren Spitze er auch 1813 bei Lützen, Bautzen, Dresden, Leipzig und Hanau focht. Am 30. März 1814 verteidigte er mit dem Marschall Marmont Paris. Am 8. April unterwarf er sich Ludwig XVIII. und wurde zum Pair von Frankreich ernannt. Im März 1815 schloß er sich wieder an Napoleon an und ward von diesem mit der Inspektion über die Festungen an den Nord- und Westgrenzen Frankreichs beauftragt. Nach der zweiten Restauration verlor er die Pairswürde, wurde aber zum Mitglied des Kriegsgerichts bestimmt, das den Marschall Ney richten sollte, erklärte sich jedoch für die Inkompetenz dieses Gerichts. 1816 wurde er im Norddepartement zum Mitglied der Deputiertenkammer erwählt, in welcher er bis Ende 1818 blieb, und endlich im März 1819 in die Pairswürde wieder eingesetzt. Nach der Thronbesteigung Ludwig Philipps ging er 1832 für kurze Zeit als Botschafter nach Petersburg. 1833 ward er Großkanzler der Ehrenlegion und 18. Nov. 1834 Kriegsminister und Präsident des Ministerrats, nahm aber schon 20. Febr. 1835 seine Entlassung. Er fiel 28. Juli 1835 an des Königs Seite auf dem Boulevard du Temple als ein Opfer der Höllenmaschine Fieschis. Denkmäler wurden ihm in seiner Vaterstadt und zu Lille errichtet. – Sein Sohn Napoléon M., Herzog von Treviso, geb. 7. Aug. 1804, wurde 1845 zum Pair erhoben, im März 1853 Mitglied des Senats und 1. Nov. 1862 Kammerherr Napoleons III.; er starb 29. Dez. 1869. Dessen ältester Sohn ist Hippolyte Charles Napoléon M., Herzog von Treviso, geb. 4. Mai 1835.

Mortifikation (lat., „Tötung, Totschlag“), in der Medizin das Absterben organischer Teile, das Verschwinden jeder Lebensspur in denselben (s. Brand); in der kirchlichen Sprache Ertötung der sinnlichen Begierden durch Kasteien, Fasten, Geißeln und sonstige freiwillig übernommene Entbehrungen u. Qualen. – In der Gerichtssprache ist M. s. v. w. Ungültigkeitserklärung eines Schuldscheins oder einer sonstigen Urkunde; daher Mortifikationsschein (Tilgungsschein), ein Schein, wodurch eine Forderung, eine Obligation, ein Wechsel etc. nach vorgängigem Aufgebot (s. d.) für ungültig erklärt wird; gebräuchlicher hierfür ist der Ausdruck Amortisation (s. d.).

Mortifizieren (lat.), ertöten, absterben lassen; stark kasteien; tief demütigen, kränken; eine Urkunde für ungültig erklären (s. Mortifikation); in der Kochkunst: Wild und Geflügel durch Aufhängen an einem luftigen, trocknen Ort mürbe und schmackhaft machen.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 816. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0816.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2024)