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Seite:Meyers b10 s0399.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10

bewirkte Reibung beschränkt die Bewegung. Die Breitseitenlafetten (s. Tafel „Geschütze II“) sind für alle Kaliber nach demselben System erbaut. Die Mittelpivotlafetten für 15 cm Ringkanonen (s. Tafel „Geschütze II“) haben zur Ausstellung mittschiffs von Kanonenbooten oder im Heck und Bug größerer Schiffe ihren Drehpunkt (Pivot) in der Mitte des Rahmens, damit die Geschütze nach allen Seiten feuern können. Die Rahmen der Turmgeschütze sind meist in den Turm fest eingebaut, drehen sich daher mit diesem. Die Brookwelllafetten (von Wagenknecht) für 15 cm Kanonen sind Oberdeckslafetten ohne Rahmen, mit drei niedrigen, massiven Rädern. Das Brook- (Hemm-) Tau, um einen Bolzen in der Schiffswand liegend, wickelt sich beim Rücklauf von einer (Brook-) Welle ab und zieht dabei ein Bremsband um so fester an diese an, je heftiger der Rücklauf ist und die Drehung der Welle stattfindet. Neuerdings ist bei der deutschen Marine die Kruppsche Pivotgelenklafette eingeführt worden, deren senkrechte Wände um eine wagerechte Achse drehbar sind. In ihrem obern Drittel sind sie mit einer hydraulischen Bremse verbunden, die ihr Widerlager in einem in die Bettung eingelassenen Ring findet. Diese L. mit geringem Rücklauf bedarf keines besondern Rahmens und wird ähnlich den Mittelpivotlafetten verwendet. Landungslafetten sind leicht zerleg- und zusammensetzbare Räderlafetten für leichte Kanonen, welche bei Landungen verwendet und von Mannschaften gezogen werden. Stellt man Geschütze hinter Panzerwänden und Mauern auf, so verliert man um so mehr an Deckung, je größer die Scharten sind, durch welche die Geschütze feuern. Die Schartenweite aber nimmt zu mit der Differenz zwischen dem größten Elevations- und Inklinationswinkel des Rohrs und beträgt in der Höhe bei schweren Schiffsgeschützen 1,5–2 m. Wenn aber der Drehpunkt des Rohrs beim Richten nicht in der Schildzapfenachse, sondern in der Mündungsfläche des Rohrs liegt, so braucht auch die Scharte nicht größer zu sein als der Mündungsdurchmesser des Rohrs. Lafetten, welche solche Drehung des Rohrs gestatten, heißen Minimalschartenlafetten. In Deutschland ist eine solche nach der Konstruktion von Gruson (s. Tafel „Geschütze I“) für Geschütze in Hartgußpanzerständen eingeführt, bei welcher das Rohr durch eine hydraulische Pumpe bewegt wird. Durch die Kruppsche Panzerkanone, welche kugelgelenkartig mit der Mündung in dem Panzer selbst drehbar festgehalten wird, ist sowohl jede offene Scharte als der Rücklauf aufgehoben. Noch ist diese Konstruktion nicht praktisch angewendet. Eine geniale Erfindung ist die Moncrieffsche Gleichgewichtslafette (s. Tafel „Geschütze II“), bei welcher das Geschützrohr durch den Rückstoß gesenkt und durch die dabei in Gegengewichten aufgespeicherte Kraft des Rückstoßes auch wieder in die Feuerstellung gehoben wird. Die L. schiebt sich mit den Rollen an ihrem hintern Ende auf den schrägen Laufschienen herunter und zieht dabei die Hubscheiben zurück. Das untere Ende der Hubscheiben ist mit Blei gefüllt und dient als Gegengewicht. Die gekrümmte Zahnschiene an der Seitenfläche der Hubscheibe greift in eine am Rahmen sitzende Triebwelle, welche eine Bremsscheibe trägt. Durch das Anpressen eines Bremsbandes an dieselbe kann die Bewegung des ganzen Mechanismus gehemmt werden. Die Zahnschiene ist nach einer cykloidischen Kurve, der Moncrieffschen Kurve, gebogen. Nach Lösung des Bremsbandes wird die L. mit Rohr durch die Gegengewichte der Hubscheiben in die Feuerstellung hinaufgehoben. Der Rahmen ist um ein Mittelpivot drehbar. Die L. macht die Scharten entbehrlich. Geschütze in Depressionslafetten kommen zur Verteidigung steiler Bergabhänge in Anwendung (Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz). Die schrotleiterartige L. wird hinten durch eine in einem schräg aufrecht stehenden Gerüst angebrachte Windevorrichtung bis zu dem erforderlichen Grade der Inklination des Rohrs gehoben. Die deutschen Feld- und Belagerungslafetten sind für die Neukonstruktion aller Länder mustergültig geworden. Dagegen sind die deutschen Schiffs- und Küstenlafetten aus englischen Konstruktionen hervorgegangen, die auch für andre Länder maßgebend waren.

Laffitte (Laffite, spr. lafít), Jacques, franz. Staatsmann und Bankier, geb. 24. Okt. 1767 zu Bayonne als der Sohn eines Zimmermanns, trat 1787 als Kommis in das Wechselhaus des Senators Perregaux zu Paris. Seit dessen Tod 1805 Chef dieses Hauses, erwarb er demselben durch Fleiß und Geschick europäischen Ruf und für sich ein ungeheures Vermögen. Die Regierung ernannte ihn 1814, als der Kredit des Landes erschüttert war, zum Gouverneur der Bank. Schon während der Hundert Tage war L. in die Deputiertenkammer getreten, auch nach der zweiten Restauration ward er wieder gewählt. Er stand auf seiten der Opposition und ergriff besonders bei Finanzverhandlungen mit Erfolg das Wort. Bei den Wahlen von 1817 wurde er von allen 20 Sektionen in Paris zugleich gewählt. Durch seinen Widerstand in der Kammer der Hofpartei verdächtig geworden, verlor er 1819 das Gouvernement der Bank, erhielt aber 1822 als Régent de la banque das Amt von neuem übertragen. 1824 unterstützte er das Ministerium Villèle bei Gelegenheit der Rentenreduktion, namentlich in seinen „Réflexions sur la réduction de la rente et sur l’état du crédit“ (Par. 1824), wodurch er seinen Sitz in der Kammer verlor. 1827 von neuem in die Kammer gewählt, unterzeichnete er die berühmte Adresse der 221. Im Juli 1830 war sein Haus der Sammelpunkt aller einflußreichen Männer, die sich der Bewegung anschlossen, und aus seiner Privatkasse flossen die Mittel, um die Revolution zu vollenden. Er war es, der die Republik unmöglich machte, indem er den Herzog von Orléans bestimmte, auf dem Stadthaus das sogen. Programm der Julirevolution anzuerkennen. Im ersten Ministerium 11. Aug. 1830 war er Minister ohne Portefeuille, 3. Nov. d. J. bildete er im Auftrag des Königs ein neues Kabinett und übernahm selbst das Portefeuille der Finanzen. Doch zerfiel er bald mit dem König Ludwig Philipp, der seine Hoffnung auf eine wirklich freisinnige Regierung täuschte, und nahm 12. März 1831 wegen einer Differenz über die auswärtige Politik in Italien seine Entlassung. In der Kammer, in die er 1831 wieder als Deputierter trat, gehörte er seitdem zur Opposition. Da er beim Eintritt in das Ministerium genötigt war, sein Bankgeschäft aufzugeben, wurde sein bereits wankend gemachter Kredit vollends zerrüttet, und er sah sich jetzt genötigt, seine Besitztümer zu veräußern, um 50 Mill. Frank Schulden zu decken. Durch eine Nationalsubskription ward ihm wenigstens sein Hotel in Paris erhalten. Aus den Trümmern seines Vermögens bildete er 1837 die Banque sociale, welche einen raschen Aufschwung nahm. Je mehr sich inzwischen Regierung und Kammern von den Grundsätzen der Julirevolution entfernten, desto freimütiger und anklagender erhob L. seine Stimme. Sein ganzer Schmerz über die erfahrene Enttäuschung

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 399. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0399.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2024)