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Seite:Meyers Universum 9. Band 1842.djvu/66

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Herrlichkeit der großen Stadt des Wassers beschreiben? 4000 Paläste haben wir schon gezählt; 400 Theater und Rennbahnen, 40,000 Kaufleute: – Alles ist nun unser, Allah sey gelobt!“ Damals ging auch der Schatz der Wissenschaft unwiederbringlich verloren, den die Ptolemäer in Jahrhunderten gesammelt hatten. Die Schriftrollen der großen Bibliothek dienten wochenlang zum Heizen der Bäder, und von der Gelehrsamkeit, der Poesie und der Wissenschaft des Alterthums blieben der Nachwelt blos Trümmer als Erbe zurück. Nie erhob sich nach dieser Katastrophe die große Alexandria wieder, und aller spätere Glanz ist doch nur ein grauer Schatten im Vergleich zu dem, was sie gewesen war. – Der frühe Verfall des Chalifats machte Alexandrien zum Zankapfel der streitenden Partheien. Nach mehren Dynastiewechseln kam es in die Hand der Fatimiden (908) und eine kurze Periode des Gedeihens folgte; aber 1171 zerstampften es die Rosse der Seldschucken, und diesen folgten 1250 die Mamelucken nach, welche vollends vernichteten, was jene übrig gelassen hatten. Belagerung, Erstürmungen, Verheerung durch Brand und Plünderung folgten in kurzen Zeiträumen auf einander. – Genueser und Venetianer zogen dann in die Trümmer ein, und machten sich als Kaufleute wohnlich. Ihre Flotten führten noch einmal auf ein paar Jahrhunderte Leben und Verkehr in die Alexanderstadt; aber auch dieses verging wieder, als 1497 die Portugiesen den sicherern und wohlfeilern Seeweg nach Indien aufgefunden hatten und 1517 die Despotie der Türken mit ganz Nordafrika und Aegypten auch Alexandrien in ihre Fesseln warf. Noch ragte damals aus der fünffachen Decke des Schutts manches große Erinnerungsmal der Ptolemäerzeit. Die Türken aber schleiften, zerschlugen, sprengten mit Pulver, und Alles verschwand nun bis auf die wenigen jetzt vorhandenen Reste. Selbst die schöne Araberstadt aus der Chalifenzeit wurde damals niedergebrannt und der Erde gleich gemacht. Der Hafen allein hielt noch Keime des Lebens fest, – auf den Trümmern siedelten sich abermals Kaufleute an, es entstand das türkische Alexandria, ein Agglomerat schmutziger arabischer Hütten, zwischen denen das zierliche Haus eines Franken, oder die castellmäßige Wohnung eines türkischen Beamten stand. Festungswerke und eine Citadelle umfaßten das Ganze. In solchem Zustande fand Bonaparte den Ort, als er im Juli 1798 die Eroberung Aegyptens mit der Erstürmung dieser Stadt begann. Drei Jahre lang blieb sie in französischen Händen; unter seinen Mauern schlugen die neuen Herren viele Schlachten gegen Türken und Briten, bis diese jene verdrängten. Als Menou mit seinen Franzosen 1801 capitulirte, hatte Alexandrien kaum 7000 Bewohner, die, arm und elend, in Lehmhütten wohnten, eingebaut den Ruinen. In diesem Zustande kam es in Mehemed Ali’s Hände, der zwar ein Macedonier ist, aber freilich kein Alexander. Doch hat er das neue Alexandrien geschaffen, das wir nun betrachten. –

Das neue Alexandrien gewährt von der Seeseite aus der Ferne her einen Anblick, welcher keineswegs die Erwartungen erfüllt, die den Reisenden zur Stadt des großen Macedoniers gewöhnlich begleiten. Das Bild der