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Seite:Meyers Universum 9. Band 1842.djvu/15

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Eine Menge Institute für Kunst und Wissenschaft werden von einem im Ganzen sehr gebildeten Publikum genährt, und fördern die wachsende Verbreitung der Intelligenz. Außer den Staatsanstalten: einer königl. Academie der Wissenschaften und Künste, der Universität mit Sternwarte etc., 2 Gymnasien, Bau- und Kunstschule, Schifffahrts- und Handelsschule, den academischen Schulen für Medizin, Chirurgie etc. etc., wirken hier eine Menge Privatvereine für gelehrte und wissenschaftliche Zwecke, und eben so zahlreich sind jene, welche die Ausübung der Pflichten der Nächstenliebe zum Zwecke haben. Der Wohlthätigkeitssinn der Bordeauxer ist sprichwörtlich. An Hülfsmitteln zu wissenschaftlichem Studium ist auch kein Mangel. – Die öffentlichen Bibliotheken zählen über 100,000 Bände; der botanische Garten ist einer der vollständigsten Frankreichs; Kunst und naturhistorische Sammlungen, sowohl öffentliche, als Privatpersonen gehörige, sind dem Wissensdurste bereitwillig geöffnet. –

Das lebendige Gewühl der Menschen von vielerlei Raçen und Trachten auf Straßen und Plätzen, an den Kayen und auf dem Strome kündigt dem Fremden sogleich die große Welthandelsstadt an. In der That steht Bordeaux’s Industrie, so tüchtig sie auch betrieben wird, neben dem Handel doch nur wie eine Magd neben der Gebieterin. Bordeaux’s Verkehr umspannt jest die halbe Erde; nur der von Marseille kann sich der Masse nach mit ihm messen; der von Bordeaux aber stellt sich in weit ausgedehnteren Verhältnissen vor’s Auge. Er gründet sich auf eine vortreffliche Lage, auf Verhältnisse, welche sich im Laufe der Jahrhunderte nach und nach ausbildeten, auf den den Bordeauxern innewohnenden unternehmenden und geschäftlichen Geist, endlich auf eine Fülle von Capitalien, welche selbst die von Marseille weit überragt.

Es gibt eine Menge Häuser hier, welche Millionen besitzen. Wenn man Bordeaux mit einem andern Markte vergleichen wollte, so müßte man Hamburg nennen: – der nämliche Combinationssinn, dieselbe Neigung für vielfach in einander greifende überseeische Unternehmungen, dieselbe Liebe auch für den Waarenhandel, die nämliche Scheu vor dem unfruchtbaren verderblichen Fondsspiel! – Landwärts ist Bordeaux’s Handel sehr groß. Durch die Garonne, die aufwärts noch 50 geographische Meilen weit große Boote trägt, durch die schiffbare Dordogne und durch den Languedok-Canal, welcher der Stadt die direkte Wasserverbindung mit dem Mittelmeere schenkt, wird dem Binnenverkehr ein weites Gebiet erschlossen. Bordeaux versorgt, vermittelst seiner Wasserstraßen, drei Viertheile des südlichen Frankreichs mit den Erzeugnissen der Colonien, und führt dagegen die Produkte des Landes auf 400 Seeschiffen und 800 Küstenfahrzeugen aus. – Sein großartigster Export ist der von Wein und Branntwein: – dieser allein beschäftigt über 125 Mill. Franks Capital, und die Gesammtmenge des Exports dieser zwei Artikel übersteigt jährlich 280,000 Stück. Ueber ein Viertheil davon trinkt Paris, der Rest vertheilt sich in die Länder des europäischen Nordens, an England und Amerika. Gegen manchen Bordeauxer