Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band | |
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Um sich in Spanien die Controle über Ein- und Ausfuhr recht bequem zu machen, sandte man die Bedürfnisse für die Colonisten nur in 2 Geschwadern jährlich ab. Das eine, welches man die Gallionen nannte, segelte von Cadix nach Portobello, und von da wurden die sämmtlichen Güter, welche nicht auf der Westküste blieben, queer über den Isthmus auf Maulthieren nach Panama geschafft, von wo sie sich nach Peru und Chili weiter vertheilten. Gleichzeitig sammelten sich in Panama die Schätze des gold- und silberreichen Südamerika, um von da über die Landenge auf Maulthieren nach Portobello zur Einschiffung nach Europa gebracht zu werden. In Portobello und auch in Panama waren während der Anwesenheit der Gallionen Messen, und namentlich war die in erstgenannter Stadt, welche 40 Tage dauerte, die brillanteste, die zu irgend einer Zeit in der Welt gewesen. Das andere Geschwader, die Flota, ging von Cadix nach Veracruz, wo ein ähnlicher Handel statt fand. Sobald beide Flotten ihre Rückladungen eingenommen hatten, versammelten sie sich in der Havannah und kehrten vereint nach Europa zurück. Bei diesem Monopolhandel verdienten die spanischen Importeurs häufig 200 bis 300 Procent, und zwischen ihnen und den Consumenten stand noch eine lange Reihe von Mittelspersonen, welche mit den Käufern aus erster Hand in Panama und Portobello anfing. So konnte es wohl geschehen, daß in Quito (im 18. Jahrhundert) das Pfund Stabeisen über drei Gulden kostete, und viele reiche Silbergruben nur darum zum Erliegen kamen, weil die ungeheuern Preise der unentbehrlichsten Bedürfnisse mehr Kosten verursachten, als die Erzbeute betrug.
Panama blühete unter diesen Verhältnissen zu einer der schönsten und reichsten Städte Amerika’s empor. Sein größter Flor fällt in das 17. Jahrhundert. Die Stadt hatte damals 90,000 Einwohner. Als aber der Schmuggel der Niederländer und Britten mit den spanischen Colonieen den gesetzmäßigen Handel des Mutterlandes immer mehr schmälerte, nahm auch Panama’s Flor ab, und als man, bei vervollkommneter Schifffahrt, den langen Weg um das Cap Horn nach den amerikanischen Westküsten dem kürzeren, aber kostspieligeren Landtransport von Portobello queer über den Isthmus vorzog, verlor Panama die ausschließlichen Vortheile, die es bisher genossen hatte. Nach der Trennung der Colonieen vom Mutterlande sank es zur bloßen Landstadt herab, die jetzt 13,000 Einwohner hat. Keine Spur seiner ehemaligen Handelsgröße ist mehr übrig. Im Hafen vertreten ein paar armselige Piroguen die Kauffahrerflotten der Vorzeit, und die nach Portobello führende gepflasterte Straße, sonst jährlich von 3–400,000 Maulthieren begangen, auf die sich der Handel der halben neuen Welt hin und her bewegte, ist verlassen und mit Gestrüpp und Gras überwachsen. Die Schwesterstadt Portobello ist noch tiefer gesunken. Es ist dieser weltberühmte Hafen jetzt nichts weiter als ein elendes Dorf von Bambushütten, eingebaut den Ruinen der alten Prachtstadt. Der Ort, die Wohnung der äußersten Armuth, zählt kaum 1200 Seelen.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/47&oldid=- (Version vom 30.11.2024)