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Seite:Meyers Universum 6. Band 1839.djvu/167

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als die Dekorationen dieser Pforte; nichts grandioser, als ihre statuarische Ausschmückung mit den Bildsäulen der Kirchenfürsten; nichts graziöser und inniger, als das Bild der heil. Jungfrau. Letzteres steht in einer tiefen, kunstreich verzierten Nische auf einer Säule unter einem Tabernakel, der zugleich schützt und verhüllt. Anmuthig faßt sie mit der einen Hand ihr Gewand, und, die andere auf den Busen gelegt, neigt sie sich vorwärts, als sey sie im Begriffe, ihre Verehrer zu segnen. Himmlische Schönheit ruht auf ihrem verklärten Antlitz. – Die Vortrefflichkeit dieser Skulpturen gab vor einigen Jahren Engländern Anlaß, den Schutt aufzugraben, um nach mehr Bildwerken zu suchen. Im Begriff, eben eine reiche Beute wegzuführen, nöthigte sie die geistliche Oberbehörde, Alles wieder an Ort und Stelle zu bringen, und nachdem es Priester von neuem geweiht hatten, begrub es das Volk unter feierlichem Gesange wieder in den Schutt.




CCLXIX. Nossen.




Nossen, in frühester Beit eine Ritterburg, dann ein Lustschloß der Markgrafen von Meißen, liegt auf einem Felsen im schönen Thale der Freiberger Mulde, 4 Meilen von Dresden. Das Städtchen Nossen umgibt die Burg im Halbkreis. Auf der entgegengesetzten Seite ziehen sich Gartenanlagen und Gehölze von der Höhe in den Thalgrund hinab.

Das noch gut erhaltene Gebäude, welches sich recht würdig ausnimmt, dient längst nicht mehr seinem ursprünglichen Zweck. Es hat, und mit ihm die meisten sonst fürstlichen Landsitze in Deutschland, zumal in Sachsen, mit der Zeit gleichen Schritt gehalten und seine Bestimmung, wie die Menschen ihre Ansichten und Meinungen und viele Länder ihre Herren, gewechselt. Aus der Burg, wo die alten Markgrafen so häufig Hoflager hielten und mit ihren Rittern bankettirten, ward zuerst Kaserne und später wurden die Säle in Magazine für alte Schreibereien (in Archive), die Zimmer in Amtsstuben umgewandelt und Aktenmännerchen schleichen leise, wo ehemals der feste Tritt eiserner Ritter geschallt. Viele Räume stehen leer, dem Moder und den Spinnen überlassen.



Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/167&oldid=- (Version vom 30.11.2024)