Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band | |
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Der Bischof versuchte nun List. Er begann Unterhandlungen mit den Belagerten, versprach ihnen Verzeihung des Geschehenen, wenn sie die Würzburgischen Lehnsleute künftig in Ruhe lassen wollten, und brachte es endlich dahin, daß ihm die Altensteiner ihre Burg öffneten und, als Zeichen der Versöhnung, den Bischof mit einer Anzahl Ritter und Reisige gastlich aufnahmen. Der Tag verging in Festlichkeit; fröhlich liefen des Abends die Pokale im Ritterkreise umher und nicht der leiseste Argwohn keimte in den unbefangenen Herzen der Steine. Nach aufgehobener Tafel zog sich der Bischof in seine Gemächer zurück; und nachdem der grausame, arglistige Mann seine Helfershelfer und den verkleideten Scharfrichter von Würzburg in Bereitschaft gestellt hatte, lud er die zwölf Brüder, unter dem Vorwande, daß er jedem eine besondere Mittheilung zu machen habe, der Reihe nach zu sich. Mitternacht war’s; noch saßen die Arglosen mit ihren Kumpanen beim Weine und zechten. Da erschien der Page des Bischofs und forderte einen nach dem andern. Eilfe kommen, unbewaffnet, im Hauskleide. So wie sie eintreten, werden sie ergriffen, geknebelt, zum Richtblock geschleppt und enthauptet. Herdegen, der zwölfte der Brüder, zuletzt geladen, hat böse Ahnung, faßt unbemerkt ein Waidmesser und steckt es zu sich. Er tritt in das Mordgemach. Ein Blick auf die im Blute schwimmenden Leichen seiner Brüder sagt ihm, was ihn erwartet; da zieht er entschlossen das Messer, dolcht rechts und links die ihn Anfallenden nieder, und macht sich Bahn zum Bischofe, welcher, entsetzt, von einer dichten Schaar seiner Ritter geschützt, in das Seitenzimmer zu entfliehen trachtet. Schon blutet Herdegen aus vielen Wunden, er fühlt seine Kräfte schwinden und sieht die Unmöglichkeit, den Bischof zu erreichen. Da schleudert er, in einem Augenblicke, wo dieser den Kopf nach ihm wendet, ihm das Messer in’s Gesicht, mit solcher Heftigkeit, daß es ihm die Nase aus dem Rumpfe trennt, und ruft ihm zu: „Meineidiger! nimm’s hin als ein Angedenken!“ und nun läßt er sich ruhig binden, zum Richtblock schleppen, und endigt, wie die Brüder vor ihm. Die Raubgenossen wurden in Fesseln geschlagen und zum Strange verurtheilt; die Leichen der zwölf Ritter aber an das Kloster Langheim zur Beerdigung ausgeliefert. Burg und Güter bekam Siegfried von Stein zu Lehen, ein Johanniter-Ritter und der nächste Erbe der Gemordeten.
Altenstein fiel im Jahre 1525 den aufrührerischen Bauern durch Ueberrumpelung in die Hände, welche es plünderten und zerstörten. Der Burgherr, Klaus Ludwig, commandirte damals als Feldhauptmann am Rheine. Als er von dem Unglück in der Heimath hörte, legte er sein Commando nieber, warb einige Fähnlein und zog schnell vor die Städte Ebern und Maroldsweisach, deren Bewohner bei der Zerstörung seiner Stammburg besonders thätig gewesen waren. Schrecklich war seine Rache: denn Viele der gefangenen Bürger ließ er geißeln und mehre vor ihren Wohnungen aufknüpfen. Darauf fing er an, sich, in Pfaffendorf, ein großes Schloß zu bauen,
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/220&oldid=- (Version vom 5.11.2024)