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Seite:Meyers Universum 4. Band 1837.djvu/78

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CLVII. Der Johannisberg.




Der Rheingau bleibt doch immer der schönste Fleck Erde in unserm Deutschland, und immer kehren wir zu demselben mit neuem Wohlgefallen zurück. Kein Pinsel, kein Grabstichel, keine Feder gibt ein ganz würdiges Bild von seiner großen und reichen Natur.

Die köstlichste Perle in diesem Schmuck ist der Johannisberg. Schon vor der Pforte des Rheingaus, in der Nähe von Mainz, wird er sichtbar. Bei Winkel fährt man an ihm vorüber. Aus einem weiten Gürtel von Reben, den köstlichsten der Welt, glänzen auf der Höhe Schloß und Kirche.

Ohne Aufenthalt rauscht das Dampfschiff vorüber. Der glücklichere Fußwanderer aber, welchem die Muße Genuß und Freude würzt, steigt hinan, wo, auf dem Balkon des Schlosses, eine der schönsten und reichsten Aussichten im ganzen Rheingau seiner wartet.

Vor Dir, in lachender Tiefe, rauscht der königliche Rhein, der seine hundert grünen und dunkeln Auen schwimmend auf dem schimmernden Rücken trägt. Links siehst Du das liebliche Bieberich, mit seinem zierlichen Pallaste und herrlichem Parke, den Sitz des Nassauer Herzogs; weiter Hochheim; rechts den Niederwald mit seinem Tempel und seinen Ruinen; Du übersiehst das reizende Nahethal; und jenseits schweift der Blick über die fruchtbaren Gefilde der ehemaligen Pfalz bis zum Donnersberge hin.

Das Schloß ist von großem Umfange. Die Gemächer des Fürsten, welche geschmackvoll eingerichtet sind, haben eine entzückende Aussicht nach Süd und nach Ost. Nicht ohne tiefe Bewegung tritt man in das Privat-Kabinet des hochgestellten Staatsmannes, unter dessen, von unerschütterlicher Consequenz geleiteter Hand das Schicksal eines Erdtheils sich gestaltete. Nichts kann einfacher seyn, als dieses Arbeitszimmer. Der schöne, historische Kupferstich Godeffroy’s, der Wiener Congreß, ist der einzige, bedeutungsvolle Wandschmuck. Die Gemächer der Fürstin sind auf der andern Seite, und haben die Aussicht nach Abend.

Dieß beneidenswerthe Besitzthum hat mit der Zeit gleichen Schritt gehalten, und seine Besitzer so oft, als viele Figuranten der Gegenwart ihre Grundsätze, und viele Herren ihre Länder gewechselt. In alter Zeit war’s ein Kloster, eins von den vielen des Gaues, der auch Mönchen ein Paradies war; denn auf einem Raume von 5 Stunden zählte man nicht weniger als 12 dieser SANS SOUCI’s der guten, alten Zeit, und manche Abteien besaßen