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Seite:Meyers Universum 4. Band 1837.djvu/214

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CLXXXIV. Der Horeb.




Seitdem die Dampfschifffahrt eine wöchentliche, regelmäßige Verbindung zwischen Marseille, Palermo, Triest und Alexandrien hergestellt hat, seit einigen Jahren, ist eine Reise nach Aegypten was Alltägliches geworden. Von Paris nach Cairo dauert die Fahrt eine Woche, und sie ist kürzer, sicherer und bequemer, als vor fünfzig Jahren eine Tour von Frankfurt nach Leipzig war. Schwärme von Europäern durchziehen jeden Sommer das alte Wunderland, und die fashionable Welt gibt sich Rendezvous bei den Pyramiden wie an einem Kurort.

Eine Pilgerfahrt nach dem Sinai gehört zu den interessantesten Exkursionen von Cairo aus, und da sie eben nicht sehr kostspielig und ganz sicher ist, wird sie selten unterlassen. Sie geschieht auf Dromedaren, mit Caravanen, welche in der besseren Jahreszeit täglich von Cairo abgehen, und die oft Menschen aus allen Völkern vereinigen. Die Dromedare sind die angenehmsten Lastthiere, und man sitzt die zwölf Stunden einer Tagereise wie in einem Lehnsessel. Der Weg geht über Suez, das an der nördlichsten Spitze der westlichen jener beiden gabelförmigen Enden des rothen Meeres liegt, welche das steinigte Arabien einschließen, in dessen Mitte die majestätische Berggruppe des Sinai emporsteigt. Bis Suez ist Wüste. Man zieht auf einer Straße, die eigentlich aus einer Menge paralleler Fußpfade besteht, von den Kameelen getreten, die in breiten Reihen neben einander gehen. Die weite, öde Fläche gewährt einen traurigen Anblick. Dromedar-Skelette liegen rechts und links am Wege, von den armen Opfern, welche der Ermattung und der Grausamkeit ihrer Treiber erlagen. Dann und wann fällt der Blick auf eine flüchtige Gazelle, oder auf einen hoch am Himmel kreisenden Adler, oder es erschreckt eine Kette Rebhühner, die dicht vor den Füßen des Reisenden plößlich aufschwirrt. Caravanen von und nach Cairo, deren Führer, auf Eseln voranreitend, schon von weitem mit Zeichen und Zuruf sich begrüßen, wie begegnende Schiffe auf dem Ocean, ziehen an einander vorüber und bringen zuweilen Leben und Abwechselung in die Scene.

Das erste Nachtlager in der Wüste macht einen tiefen Eindruck. Es gibt ein Bild vom Leben der alten Hirtenvölker, und man denkt unwillkührlich an Moses und seine Israeliten, die vor 4000 Jahren den nämlichen Weg wanderten und an der nämlichen Stelle rasteten. Der Haltruf des Führers wirkt wie ein elektrischer Schlag auf die Menschen. In einem Augenblick ist Alles in Bewegung und Thätigkeit. Im Nu erhebt sich auf dem brennenden Sande eine Barake aus Kisten, Schläuchen und Sattelgeräthe, und ausgebreitete Mäntel und Decken dienen zum Dache. Die Küche ist gleich fertig; denn ein schmaler, fußtiefer Graben ist bald gescharrt, und ein