Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Vierter Band | |
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haben an 12,000 Bewohner. Seit einigen Jahren sind hier auch Seebäder eingerichtet, welche in der schönen Jahreszeit sehr stark und von den reichsten Familien Rußlands besucht werden. Die Zahl der Fremden übersteigt oft 10,000.
Der Handel ist unermeßlich. Er beschäftigt jährlich an 1000 Seeschiffe und leider ist für solchen Verkehr der Hafen viel zu klein und auch zu seicht. Doch macht die Sicherheit der Rhede diesen Uebelstand weniger fühlbar. Die meisten Seeschiffe ankern nordöstlich und in halbstündiger Entfernung vom Molo und bedienen sich leichter Barken zum Löschen und Einnehmen ihrer Ladungen.
Der Handel mit dem Ausland ist fast ganz in den Händen der fremden Kaufleute, die sich allmählich, theils selbstständig, theils als Commanditen, hier niedergelassen haben. Alle Handelsnationen haben ihre Repräsentanten. Die Russen selbst beschäftigen sich ausschließlich mit dem Binnenhandel, mit der Küsten- und Stromfahrt. –
Getreide bildet den Hauptartikel im hiesigen Verkehr. Odessa ist das große Magazin für das Getreide der kornreichen Provinzen Cherson, Podolien, Volhynien und der Ukraine. Constantinopel, Syra, Zante, Livorno, Genua und Marseille sind die Märkte, wohin es (vornämlich Weizen), in manchem Jahre zum Werthe von 20 Millionen Rubel, verführt. Talg geht in großen Quantitäten nach England, Leder nach den italienischen Märkten und über Brody nach Oesterreich. Die Wollausfuhr ist schon sehr bedeutend, und wird es, bei der außerordentlich raschen Ausbreitung, welche die Schafzucht in hiesiger Gegend gewinnt, immer mehr. Der reiche Ertrag der Merinoheerden wird meistens in den blühenden Fabriken Moskau’s verarbeitet. – Seilerwaaren, Butter, Kaviar, Talgkerzen bezieht Constantinopel in großer Menge; Leinsaat England. – Die Einfuhren bestehen in Kolonial- und Manufakturwaaren, letztere meistens englische; aber ihr Betrag ist, der schweren Zölle wegen, kaum zwei Drittel der Ausfuhr und klingende Münze dient dazu, die Differenz auszugleichen. –
Im Jahre 1834–1835 berechnete man den Werth sämmtlicher fremden Ein- und Ausfuhren zur See, jene auf 26, diese auf 31 Millionen Rubel. Der Landverkehr über Brody ist durch die Mauthen gewaltsam gelähmt; er setzt 3 bis 4 Millionen im Jahre um, würde aber, wäre er fesselfrei, das Fünffache seyn.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Vierter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1837, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_4._Band_1837.djvu/124&oldid=- (Version vom 26.9.2024)