Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band | |
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Umfang, geziert mit Monumenten, die Thaten des ergrauten Feldherrn versinnlichend, und zum Vergnügen desselben ausgestattet mit fischreichen Seen, mit blühenden Auen und dichten Wäldern, in denen 1500 Hirsche, 3000 Fasanen und eine unzählige Menge andern Wildes angesiedelt wurden. Nie gab eine Nation einem ihrer größten Männer eine würdigere Belohnung an Geld und Gut, als Blenheim für den Herzog von Marlborough war, ein Besitzthum, welches, bis in alle Kleinigkeiten hinab, wahrhaft königlich zu nennen ist. Aus ihm entsprang für ihn und seine Erben eine Revenüe von jährlichen 70000 Pfund Sterling (850,000 Gulden), größer, als sie manches Königshaus genießt.
Aber wie vergeblich es ist, Glanz und Reichthum unwandelbar zu machen, zeigt schon der heutige Besitzer von all dieser Herrlichkeit. Der gegenwärtige Herzog von Marlborough ist durch seine bodenlose Verschwendung so verschuldet, daß sein unermeßliches, aber unveräußerliches, Vermögen für die Gläubiger administrirt wird, die ihm von 70000 Pf. Sterling reinen Einkünften jährlich 5000 übrig lassen, welche bei weitem nicht ausreichen, um die dem Palaste und seinen Umgebungen angemessene Einrichtung zu unterhalten. Darum sind die unzähligen Räume des Schlosses großentheils dürftig möblirt; die meisten sind unbewohnt, und dem Gebäude sieht man selbst im Aeußern die ökonomische Lage des Besitzers an, was einen widrigen Eindruck hervorbringt. – Um den Rasensammet der PLEASURE-GROUNDS in Ordnung zu halten, wurden sonst täglich 40 Mäher beschäftigt, und 120 bis 150 Arbeiter fanden im Park mit Reinigung der Wege, Ausputzen der Bäume und Säubern der Gewässer von Unkraut und Schilf ihren täglichen Unterhalt. Solchen Aufwand kann der jetzige Besitzer nicht mehr bestreiten, und daher sieht auch der Park vernachlässigt aus, viele Partieen werden nicht mehr gepflegt und sind verwildert. – Doch prangt noch Vieles in bezaubernder Schönheit, am vollkommensten die Partie des großen Sees, der einen Raum von 800 Morgen einnimmt und für das größte künstliche Wasserbecken in ganz England gilt. Gleich einem Meere dehnt es sich aus, theils mit Wiesen umbordet, über welche hin sich das Auge in unbegrenzter Ferne verliert, theils eingefaßt mit hohen, von Schlingpflanzen überzogenen Felswänden, über deren Scheitel Kaskaden herabrauschen; theils umsäumt mit Hochwald, oder einzelnen Gruppen von Eichen und Cedern, wahren Ungeheuern an Form und Größe. – Mehre Inseln bergen ungezählte Schaaren von Fasanen, und große Heerden von Schwänen und von wilden und zahmen Wasservögeln beleben die spiegelnde Fluth.
Unter den Kunstschätzen, welche das Prachtgebäude verwahrt und deren Besichtigung jedem anständigen Fremden gestattet ist, sind zahlreiche Werke von Rubens und der niederländ. Meister, seiner Zeitgenossen; mehre Hauptbilder auch von Titian, Murillo und ein herrlicher Raphael berühmt. – Ein einziges hier befindliches Portrait von van Dyk, Karl I. zu Pferde, hat dem Vater des jetzigen Herzogs 10000 Pfund Sterling gekostet. Unter den Antiken nimmt eine Marmorbüste des Alexander besondere Auszeichnung in Anspruch. Sie ist der schönsten Werke des Alterthums eins und übertrifft an Hoheit des Ausdrucks selbst den berühmten Belvedere-Apollo.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1836, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_3._Band_1836.djvu/74&oldid=- (Version vom 29.7.2024)