Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band | |
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dem Aufwande von 1,200,000 Pfund Sterling (fast 15 Millionen Gulden) geschaffen. Noch bei seinen Lebzeiten setzte sich der Gründer einen Obelisk als Denkmal und richtete seinem Leichnam ein prachtvolles Mausoleum her, – eine herrliche Säulenrotunda, die ein Dom von 96 Fuß Höhe überwölbt. Dergleichen Beispiele, daß ein britischer Edelmann im Uebermuthe des Reichthums und des Stolzes römischen Imperatoren in der Baupracht und in der Selbstapotheose es gleich thut, sind in England so selten nicht.
Das Innere des Palastes entspricht den Erwartungen, welche dessen Aeußeres erregen. Die Sääle haben, bei verhältnißmäßiger Länge und Breite, 40 bis 60 Fuß Höhe; 24 bis 30 Fuß hoch sind die Zimmer, und überall herrscht kaiserliche Pracht. Den Hauptsaal deckt eine 100 Fuß hohe Kuppel, durch deren Dach das Licht magisch hereinfällt. Alle Plafonds sind von den berühmtesten Coloristen ihrer Zeit, von Karl Maratti und Pellegrini in Fresko ausgemalt; die Fußböden aber entweder mit Marmor bunt ausgelegt, oder sie bestehen aus antiken Mosaiken, unvergänglichen Schätzen der Kunst. Treppen und Vorhallen zieren die kostbarsten Statuen von Marmor und Bronze aus den Zeiten des Perikles und der Cäsaren. – Gobelins, zu denen Rubens die Kartons fertigte, schmücken die Wände mehrer Gemächer. Ein unschätzbarer Reichthum an Gemälden und Kunstwerken aller Art ist in den Räumen dieses großen Pallastes zerstreut; versammelt würden sie ein Museum füllen, eines Königs würdig. – Eine Bibliothek von 16000 Bänden füllt einen schön verzierten Saal; in andern sind naturhistorische Sammlungen, physikalische und optische Apparate geordnet. Ein Theater endlich, prachtvolle Bäder, Aviaren, eine Piszina, große Gewächshäuser, Reitbahnen, Marställe und andere Einrichtungen tragen dazu bei an die Magnifizenz jener römischen Villen zu erinnern, in denen die Großen der weltherrschenden Tiberstadt zu den üppigsten Zeiten des Kaiserreichs dem Genuß und Vergnügen lebten.
Siehe die Ueberreste der hundertthorigen Thebae, der Urmutter der Städte, des unter der Last von neun Jahrtausenden langsam zerbröckelnden Denkmals eines wundervollen Geschicks. Siehe den Ort, wo ein jetzt vergessenes Volk, zu einer Zeit, wo alle andern Nationen des Abendlandes Barbaren waren, Wissenschaften und Künste, als rohe
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1836, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_3._Band_1836.djvu/55&oldid=- (Version vom 28.7.2024)