Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band | |
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eine unheilvolle Zukunft verkündigten. Rom und Carthago rüsteten nämlich zum Kriege um die Herrschaft der Welt, und Sicilien mußte nothwendig der Haupt-Kampfplatz in demselben werden. Welche Rolle auch Syrakus dabei spielen mochte, – sie war eben so wichtig, als gefahrvoll. Neutralität erlaubte seine Lage durchaus nicht. Verhalf es Rom zur Uebermacht, so wurde es, wie mit allen Bundesgenossen geschehen, nach dem Siege von jenem verschlungen; – noch gewisser und näher war ihm dies beschieden, wenn dem treulosen Erbfeinde, Carthago, es sich anschloß. In solchem Sturme nicht zu Grunde zu gehen, dazu bedurfte es besonderer Gunst des Schicksals und eines guten Piloten; diesen hatte es in seinem Hieron.
Der große Kampf begann um den Besitz von Messina, dessen Herrschaft die Römer usurpirt hatten. Es lag sowohl im Interesse von Syrakus, wie in dem von Carthago, die Römer nicht festen Fuß auf der Insel fassen zu lassen; darum sandten beide Mächte zu ihrer Vertreibung ein Heer. Rom, welches die Wichtigkeit des jungen Kampfes sogleich erkannte, entwickelte große Streitkräfte; es schickte den Konsul Appius Claudius mit 12 Legionen über die Meerenge. Appius lieferte zuerst den Syrakusern, dann den Carthagern eine Schlacht und war in beiden Sieger. Darauf verwüstete er das Land bis vor die Thore von Syrakus. Erschrocken fielen die meisten Städte ab und schlossen Bündniß mit den Römern.
Hieron überdachte das Gewagte und Mißliche seiner Lage. Die Hoffnungen Roms auf den Ausgang des Kriegs schienen ihm gegründeter, als die der Carthager. – Darum entsagte er dem Bunde mit diesen und knüpfte den mit Rom. Treu hielt er an demselben und mit großer Klugheit hat er dabei, so lange er lebte, Syrakus die Unabhängigkeit zu bewahren gewußt.
Der Krieg wurde unter häufigen Wechseln von beiden Mächten mit Nachdruck geführt. Sicilien litt dabei unsäglich; viele seiner Städte wurden verwüstet. Am starken Syrakus zogen die Stürme vorüber. – 24 Jahre hatte der Kampf gedauert, als Erschöpfung beiden Parteien zum Frieden rieth. In demselben trat Carthago alle seine sicilianischen Besitzungen an Rom ab. – So endete der erste Punische Krieg. Rom’s Herrschaft in Sicilien war nun fest gegründet.
Hieron, 90 Jahre alt, starb, und noch in der letzten Stunde ermahnte er den jungen Hieronymus, seinen Sohn, treu auf der Bahn der Weisheit fortzuwandeln, die er betreten habe, in der Politik nicht zu wechseln und fest am Bunde der Römer zu hängen. Umsonst! Der junge Fürst gab Einflüsterungen leichtfertiger Genossen Gehör, welche zum Abfall riethen, und der Warnung der Bundesgenossen zum Trotz, schloß er hinterlistig einen Vertrag mit Carthago, welcher die Vertreibung der Römer aus Sicilien und eine Theilung der Insel zum Ziel hatte. Schwindelnden Ehrgeizes voll gab Hieronymus an der Spitze von 20,000 Mann das Signal zur Erneuerung des Kriegs, indem er die mit Rom verbündeten Nachbarstädte überfiel. Aber auf dem Zuge ward er von Verschworenen meuchlerisch erschlagen.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1836, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_3._Band_1836.djvu/26&oldid=- (Version vom 23.7.2024)