Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band | |
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dieser Wohnort eines der kleinsten Monarchen unter den Gekrönten der Erde. Erstaunt betrachtet man ein Prachtgebäude nach dem andern, durchwandelt die aus hohen, glänzenden Wohnhäusern gebildeten, breiten, oft unabsehlichen Straßen, und würde sich in den Mittelpunkt eines großen Reichs versetzt glauben, vermißte man nicht – das Volk, welches sie bewohnen sollte. Wie sehr auch, theils durch sehr künstliche Mittel, und fast immer nur auf Kosten anderer Städte, die Bevölkerung von Bayerns Hauptstadt seit dem Regierungsantritt Ludwig I. gewachsen ist, so hat sie doch mit der räumlichen Ausdehnung der Metropole nicht Schritt halten können. Das Mißverhältniß tritt, da die überspannte Baulust, trotz mancher traurigen Erfahrung, noch nachhaltig fortwirkt, mit jedem Jahre greller hervor. München, das über fünf Stunden im Umfang hat, zählt noch nicht ganz 100,000 Bewohner. –
Man muß in die Ludwigsstraße in München einfahren, wenn man den Eindruck der größten Werke der Baukunst in ihrer ganzen Frische auffassen will. Während rechts am Thore noch ein Breterverschlag den ungeheuern Raum umschließt, auf welchem das Universitätsgebäude sich erheben soll, zeigt sich links, fast vollendet, die Ludwigskirche, im byzantinisch-altitalienischen Style, gegenüber das in der Bauart jener ähnliche Blindeninstitut, die Bibliothek im alt-florentiner Styl wiederum auf der linken Seite, in ernster Pracht das Palais des Kriegsministeriums und die kolossalen, aber etwas monotonen Wohnhäuser zu beiden Seiten der Straße, letztere meistens nach Klenze’schen Rissen gebaut, während jene öffentlichen Werke vorzugsweise nach den Plänen Gärtner’s aufgeführt sind. Die Palläste Leuchtenberg und Herzog Max, gleichfalls Klenze’schen Ursprungs, machen sich weniger durch große Pracht, als durch räumliche Dimensionen, als Fürstenwohnungen kenntlich. Aber einen Triumph feiert das Genie der Architektur in den berühmten 2 Gebäuden, welche, der Kunst zum Heiligthume bestimmt, durch den Wetteifer unter allen Künsten ihre Ausschmückung erhielten: wir meinen die den Königsplatz zierende Glyptothek und Pinakothek. Beide sind Werke Klenze’s. Die Glyptothek, zur Bewahrung classischer Kunstschätze bestimmt, kündigt schon von außen an, daß es ein Pallast sey, wo Götter und Heroen wohnen sollen. Im reinsten ionischen Tempelstyle erbaut, macht dies Gebäude eine unbeschreibliche Wirkung. Seine Form ist ein Quadrat, welches einen Hofraum einschließt. Die nach Südwest gerichtete Hauptfronte von 225 Fuß Länge ruht auf 3 hohen Sockeln und besteht aus einem von 12 herrlichen Säulen getragenen Portikus, an dem sich 2 niedrigere Flügel anlehnen. Sie ist ganz aus Marmor. Eine plastische Darstellung, den Zyklus der Bildnerei versinnlichend, erfüllt das Giebelfeld. Sechs hohe Nischen zu beiden Seiten des Portikus harren der Aufnahme colossaler Statuen der gefeiertsten Künstler und Mäcene des Alterthums. Aehnliche Nischen zieren die Seitenfronten. Die Auffahrt ist auf der Rückseite unter einem auf vier Säulen ruhenden Vorsprung.
Die Ausschmückung des aus 12 Säulen bestehenden Innern ist eben so prächtig als geschmackvoll. Unter den reich und emblematisch verzierten Deckengewölben, vor den mit farbigem Stucco lustro bedeckten Wänden, auf
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1836, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_3._Band_1836.djvu/133&oldid=- (Version vom 4.8.2024)