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Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Elfter Band |
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Empfang jede Fischergesellschaft ein ungeheueres Netz in Bereitschaft hält, und an dessen Glück sich eben so viel Hoffnungen knüpfen, als bei dem Landmann an die Erndte. Erschallt nun das Heva! Heva! von den Höhen, dann wird die ganze Bevölkerung lebendig, im Nu eilt Jeder an seinen vorher bestimmten Posten, Alles ist Thätigkeit und Erwartung. Zuerst erscheinen kleine abgesonderte Schwärme der Fische; es sind die Vorposten, die Freicorps der Avantgarde; unbelästigt und unverfolgt läßt man diese ziehen. Aber so wie eine eigene Bewegung und trübere Färbung der Gewässer bemerken lassen, daß der Hauptzug sich nähert, dann gibt ein Böllerschuß das Signal zum Angriff und hinaus rudern die großen Boote, auf welchen jeder Fischerverein sein Netz hat, das an 2000 Fuß lang und 140 Fuß breit ist. Auf ein zweites Signal werden nun alle Netze zugleich in’s Meer geworfen, und jede Kameradschaft sucht so viel Fische als nur möglich in ihren Netzraum zu fassen.
Ist dies geschehen, so werden die Enden des Netzes zusammen gebunden und andere Boote eilen herbei, um die ungeheuere Last in seichtes Wasser und an den Strand ziehen zu helfen. War der Fang ein gelungener, dann übersteigt die Menge der erbeuteten Fische jede Vorstellung. Manchmal enthält ein Netz nicht weniger als 5 Millionen Fische, welche, gesalzen, 1200 Tonnen füllen. Noch an demselben Tage werden die Netze entleert, die Fische an’s Ufer gebracht, und Weiber und Kinder beschäftigen sich emsig damit, sie einzusalzen und zu verpacken. Die verdorbenen Fische (denn alle Hände reichen nicht hin, sie in der kurzen Zeit sämmtlich einzusalzen,) werden auf Hürden von Weidengeflecht gebracht, und unterm Drucke ihrer eignen Last träufelt ein Oel aus dem Haufen, welches aufgefangen wird und, als Pilchard-Thran, in den Handel kommt. Man gewinnt davon in manchen Jahren über 30,000 Zentner! Die Ueberbleibsel der Fische geben, mit Erde und Sand vermengt, ein vortreffliches Düngungsmittel, welches im Lande weit und breit Absatz findet.
Während des großen Fischfangs verlassen die Bergleute in den benachbarten Zinngruben häufig ihre Arbeit und helfen den Fischern; so wie ebenfalls die Fischer im Winter nach den Gruben wandern und da Arbeit nehmen. Diese gegenseitige Unterstützung von so ganz verschiedenen Gewerben ist nur dieser Küste eigen, hat aber das Gute, die Menschen an Fleiß zu gewöhnen und ihr Hauswesen zu verbessern. Die Fischer der Mountsbay sind gut genährt und gekleidet. Mäßiger Wohlstand ist häufig bei ihnen anzutreffen, und das Gefühl der Unabhängigkeit und der Sinn für häusliches Glück gehen in seinem Gefolge.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Elfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1844, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_11._Band_1844.djvu/76&oldid=- (Version vom 2.3.2025)