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Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Elfter Band |
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theilen den Charakter der Privatwohnungen; nur wenige können sich jenen von Manchester, York etc. an die Seite stellen. Sie sind im Kern der Stadt zusammengedrängt, wo auf dem Raume einer halben englischen Geviertmeile die Hauptkirche, das Rathhaus, die Gymnasien, die größten Hotels, Börse, Museum etc. zu finden sind. Birmingham hat keinen Strom, der seiner Umgebung ein größeres Leben einhauchte. Ein unbedeutender Bach speist einige Kanäle, deren schmutziges, übelriechendes Wasser nicht dazu beitragen, die äußern Annehmlichkeiten der Stadt zu erhöhen.
Noch weit über die Grenzen der Stadt hinaus setzt sich die metall-bearbeitende Fabrikthätigkeit, von der Birmingham das Centrum ist, fort und es dauert lange, bis man aus dem weitgehenden Bereiche der Nagelschmiede, der Leuchter-, Lampen-, Angel-, Schrauben-, Schnallen-, Feilen-, Nadel-, Haken-, Ring- und Knopfmacher herauskommt. Dudley, Wollsall, Wednesbury, Wolverhampton, Bilston und Stourbridge sind lauter Städte in der Hardware-line, und die Fabrikthätigkeit jeder dieser Orte ist größer als die von Iserlohn und Remscheid.
Birmingham fabrizirt jährlich für 70 Millionen Gulden und mit Ausnahme der wenigen Länder, welche ihrer Metallwarenindustrie hinlänglichen Schutz verliehen haben, ist die ganze Welt sein Markt. Nur eine Konkurrenz hat es einmal zu fürchten: die deutsche. Aber bevor die deutsche Metallwaarenindustrie mit der englischen erfolgreich ringen kann, muß sie stark und kapitalkräftig werden, wie die englische, und das kann sie erst dann, wenn ihr dieselbe Mutterbrust gereicht wird, an der England seine Gewerbe groß säugte. Seit dreiviertel Jahrhunderten haben die Engländer durch ein vernünftiges Schutzzollsystem am Bau ihrer industriellen Größe gearbeitet und während sie die gewonnenen positiven Schätze immer wieder angelegt haben zu hundertfältigem Ertrage in ihren Fabriken und in Unternehmen des öffentlichen Nutzens, haben wir uns abgemüht, die albernen Theorien unserer Schulmeister über Handelsfreiheit zu bestreiten, haben wir einträchtig gearbeitet, unsere Abhängigkeit zu kultiviren und durch Traktate die Fesseln fester zu nieten, die uns die fremde Uebermacht und die einheimische Beschränktheit anlegte, haben wir Milliarden an ausländische Arbeit verschleudert und die wichtigsten heimathlichen Industrien systematisch zu Grunde gerichtet. Und was haben wir damit gewonnen? den Spott des Auslandes und die Verachtung im eigenen Herzen. Wenn aber, wie jetzt geschieht, der schutzlose Zustand unserer wichtigsten Gewerbe als das gemeinsame Wirken mißbrauchter Staatsgewalt allgemein anerkannt und verurtheilt wird, ist es dann nicht siebenfache Thorheit, sich noch dem Verlassen dieses Zustandes durch störrigen Widerspruch und reaktionäres Thun entgegenzustemmen und sich mit den Wünschen der Nation, die sich selbst wiederzufinden angefangen hat und einstimmig den festen Willen ausspricht, von ihrem unveräußerlichen Rechte, an ihrem eignen Wohl zu bauen, guten Gebrauch zu machen, in Gegensatz zu bringen? Aber es wird ihnen nichts helfen.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Elfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1844, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_11._Band_1844.djvu/194&oldid=- (Version vom 6.3.2025)