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Seite:Meyers Universum 11. Band 1844.djvu/136

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CCCCLXXXXIV. Dublin.




Größe, Bevölkerung und monumentaler Schmuck stellen die irische Hauptstadt der Metropole Großbritanniens zunächst; aber an Reichthum, Handel und Gewerbe wird sie von Liverpool, Glasgow und Manchester weit übertroffen. Dublin nimmt mit seinen 21,000 Häusern, in welchen nahe an 300,000 Menschen wohnen, einen Raum von 4 englischen Quadratmeilen ein. Seine meisten Straßen sind weit, durchschneiden sich in rechten Winkeln, die größten öffnen sich auf weiten Squares, um welche glänzende Gebäude, Kirchen und die Sitze der öffentlichen Behörden versammelt find. Stephen’s Green, Marrion’s Squarre, the College Park, Fitzwilliam-, Rutland- und Mountjoy-Square sind magnifike Plätze, wie sie keine Königsstadt schöner besitzt.

Noch vor dritthalb Jahrhunderten war Dublin das Gegentheil von dem, was es jetzt ist. Die Stadt lag damals im Schooße eines Morasts, und die schlechten, winklichen, engen, schmutzigen Gassen machten es zu dem abscheulichsten Ort des britischen Reichs. Jährlich wurde sie von den Fluthen des Meeres mit Ueberschwemmung heimgesucht, und diese Geißel hatte jedesmal Seuchen in ihrem Gefolge. Dublins Ungesundheit war so übel berüchtigt, daß zur Zeit der Königin Elisabeth das Ministerium den Vorschlag that, die Stadt ihres Ranges zu entkleiden und die Landesverwaltung nach Belfast zu verlegen. Elisabeth aber schrieb auf den Rand des Geheimenrathberichts: „Ich will Dublin nicht todt, sondern gesund machen.“ Sie ließ sich einen Plan zur Trockenlegung der Sümpfe, zur Aufdämmung der Ufer gegen Ueberfluthung, zur Wegräumung der unregelmäßigen, engen Gassen und zum Neubau der Stadt vorlegen, und hat dessen Ausführung, trotz der ungeheuern Kosten, bis an ihren Tod standhaft verfolgt. Ihre Nachfolger setzten ihn fort und aus dieser Umwandlung ist allmählich das heutige Dublin hervorgegangen, die schöne, regelmäßig gebaute Großstadt mit ihrem breiten Gartenkranze, umschlungen von zwei schiffbaren Kanälen, welche, nebst den Eisenbahnen, die von hier nach Limmerik, Cork und Drogheda führen, viel dazu beitragen, die Kommunikation mit dem Innern und den Handel überhaupt zu beleben und zu erleichtern.

Bei aller äußern Schönheit fällt indeß Jedem, der aus England nach Dublin kommt, ein großer Unterschied auf, welcher nicht zum Vortheil Dublins ausschlägt. Die englische Reinlichkeit fehlt, und obschon in den vielen Palästen sich öfters der Reichthum zur Schau legt, so vermißt man doch die allgemeinere Wohlhabenheit