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Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zehnter Band |
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allen Völkern des Westens sind sie thätig; sie sind die Priester, welche das Feuer schüren, aus dessen Asche der Phönix eines neuen gesellschaftlichen Zustandes geschaffen werden wird. Zahllos sind sie; denn jede Meinung hat ihre Vertreter am Altare; doch nicht alle schüren mit gleicher Kraft, und ihr Rang ist ungleich. –
Unter die Fahne der Aristokraten schaaren sich in den Ländern des Westens Alle, welche ausgehen von jenem patriarchalischen Verhältniß, wo der eingewanderte oder erobernde Stammesvater Besitz vom Lande genommen und es in Loosen an seine Angehörigen vertheilt hat, welche dann als Patrimonialherren ihre Hörigen zur Dienst- und wechselseitigen Schutz- und Hülfe-Leistung um sich versammelten. Die Aristokratie leitet das Maaß des Rechts und der Geltung aus dem Grundeigenthum und der Geburt ab, sie will den Staat vorzugsweise aus dem Gesichtspunkte der Bewirthschaftung des Grundgebietes betrachtet wissen. – Ihr feindlich gegenüber haben Diejenigen ihre Standarte aufgepflanzt, welche im Menschen keineswegs einen Appendix der Scholle sehen, und die das historisch-rechtliche Verhältniß des Dieners zum Herrn geradezu in Abrede stellen. Diese Partei, die vor den unzählbaren Schaaren aller Besitzlosen den Schild erhebt, betrachtet die Erde, wie die Luft, als rechtliches Besitzthum aller Menschen; denn, sagt sie, die lebendige Kraft ist höher, als die todte Scholle, welche jener dienen soll, folglich kann diese auch nimmermehr Herrschaft verleihen. Es kann aber, behauptet sie folgerecht weiter, jeder von diesem Gemeinbesitz so viel als Eigenthum zu sich nehmen, wie sein Bedürfniß fordert und er mit seiner Hände Arbeit bemeistern mag, und da nun Kräfte und Bedürfnisse ursprünglich ziemlich gleich unter alle Menschen vertheilt sind, so haben auch alle vom Ursprung her Anspruch auf ungefähr gleiche Loose bei der Vertheilung. Nichtig sind daher jene ersten Besitzergreifungen ganzer Landstriche; nichtig jene Befestigungen solches Besitzstandes durch Gesetze, nichtig und rechtlos alle aus jenem Besitzstand und diesen Gesetzen hergeleiteten Abstufungen und Zustände in der Gesellschaft. Ganz consequent verlangt diese Partei Aufhebung solcher Zustände, welche sie als Ausflüsse der Usurpation und der Tyrannei betrachtet, und dringt auf eine neue, gleiche Vertheilung der Güter der Erde als Grundlage für den Neubau der menschlichen Gesellschaft. Sie erkennt nur den freien Erwerb als rechtliches Mittel an, das Eigenthum zu vergrößern; sie hält die Arbeit, die Kraft, welche mit dem Pfluge die Scholle bezwingt, welche durch die Industrie bewegliche Güter schafft und mit dem Handel die Nationen der Erde verbindet, als der Geltung und Auszeichnung im Staate am meisten würdig. Diese Partei, zu der alle Demokraten der Arbeit, die rührigen Demagogen der Proletarier, die Communisten, kurz die Gleichmacher aller Völker gehören, fühlt sich zum Kampfe auf Leben und Tod mit allen Trägheitskräften der Usurpation berufen und spricht sich, mit logischer Consequenz, das vollkommene Recht zu, nöthigenfalls mit Gewalt jene, nach ihrer Meinung, widerrechtlichen und unnatürlichen Schranken einzureißen, welche die Wiederherstellung der ursprünglichen Gleichheit in Besitz und Eigenthum verhindern und eine hierauf zu basirende Neuconstruktion der Staatsgebäude unzulässig machen. –
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zehnter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1843, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_10._Band_1843.djvu/207&oldid=- (Version vom 15.2.2025)