Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band | |
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sehr; Malta wurde ein Waffenplatz und eine Hauptstütze carthaginensischer Macht im mittelländischen Meere. Als aber diese nach langem Kampfe mit den Römern unterlag, kam Malta (216 v. C.) in die Hände der letztern; und nach dem Verfall des Römerreichs im Westen beherrschte Byzanz es bis 818.
In diesem Jahre fiel Malta den Zerstörern des römischen Ostreiches, den Arabern, nach einer heldenmüthigen Vertheidigung zur Beute. Den größeren Theil der phönizisch-griechisch-römischen Bevölkerung fraß das Schwert der Eroberer; der Rest wanderte in die Sklaverei. Araber kolonisirten die Inseln von neuem und dieser Volksstamm bildet, mit Italienern und Neugriechen vermischt, die Masse der heutigen Bevölkerung. Die Malteser reden eine aus dem Italienischen und Arabischen zusammengesetzte Mundart, sind kühne Seefahrer, geschickte, schlaue Handelsleute; und sie bebauen mit unermüdlicher Anstrengung den Boden. Seit 1130, als die Herrschaft des Halbmondes vor der Fahne des Kreuzes sank, bekennen sie sich zur katholischen Religion. 1530 schenkte Kaiser Karl V. Malta und die kleinern Inseln den Johanniterrittern, nachdem diese in ihren Kämpfen mit den Türken alle ihre Besitzungen im Mittelländischen Meere, Rhodus, Cypern und Candia, verloren hatten, unter der Bedingung, einen beständigen Krieg gegen die Ungläubigen zu führen und die Seeräuberei der Arabeskenstaaten im Mittelländischen Meere zu vertilgen. Von dieser Zeit an wurden jenes Ordens Glieder Malteserritter genannt und La Valetta, Malta’s Hauptstadt, die Residenz des Großmeisters und der Hauptsitz ihrer Macht. – Den steten Angriffen der Türken ausgesetzt, die mehrmals ihre ganze Seemacht gegen Malta führten, nöthigte dieß den Orden, nicht bloß La Valetta, sondern auch andere zugängliche Punkte der Inseln auf jede erdenkliche Weise zu befestigen. Zwei Jahrhunderte lang widmete man dem Zwecke, diesen Hauptsitz des kriegerischen Ordens unüberwindlich zu machen, unermeßliche Summen, die aus den durch ganz Europa zerstreuten Besitzungen der Ritter hierher strömten. Am bewundernswürdigsten sind die ganz in den Felsen eingehauenen Werke von La Valetta. Bei entschlossener Abwehr ist der Platz durch Waffengewalt nicht zu nehmen. An ihnen brach sich die Gesammtmacht der Türken mehre Male; ihre heldenmüthige Vertheidigung im Jahre 1565 gegen den furchtbaren Suleiman gehört unter die schönsten Großthaten des 16. Jahrhunderts. Mit Erfolg kämpften die Malteser fort und fort den Kampf gegen Ungläubige und Seeräuber bis 1760. Um diese Zeit verloren sie ihre ganze Seemacht in unglücklichen Auszügen; sie sahen sich in der Gefahr von den Türken ausgehungert zu werden. In so kritischer Lage sprachen sie Frankreichs Vermittlung an. Eine Art von Vertrag kam zu Stande, welcher den unausgesetzten Türkenkampf fortan in eine Spiegelfechterei verwandelte. Die Heerfahrten der Ritter beschränkten sich nun auf bloße Auszüge; die That war zu Schein geworden und der kriegerische Geist des Ordens ging nothwendig dabei unter. Das Institut hatte sich überlebt, sein ursprüngliches Ziel war von der Zeit und Civilisation ihm entrückt worden, sein Verfall unvermeidlich. Im letzten Stadium seines Bestehens war es nur noch eine Versorgungsanstalt
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen und New York 1833, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_1._Band_1._Auflage_1833.djvu/196&oldid=- (Version vom 11.6.2024)