Es war ihr, als würde sie noch höher getragen, immer höher, und endlich sah sie unter sich die Erde schweben, klein, unscheinbar, eine Kugel mit geringen Unebenheiten, – das waren die Berge, die ihr immer solche Scheu eingeflösst hatten. Und sie sah sich selber wandeln, kaum dem Auge noch wahrnehmbar, und sah ihr eigen Freud und Leid in ihrer Seele wiederspiegeln, ihre Schmerzen und ihre Freuden, – welche die Wellen auf dem Meere ihres Lebens bildeten, und die sie so oft für Sturmwogen gehalten hatte.
Und nun kam ihr dieser Ocean ebenfalls klein wie ein Teich vor, und die „Sturmwogen“ waren kleine Wellchen, die sie aus ihrer Höhe kaum noch bemerkte.
Das waren die Sturmwogen?!
Ach, und jedem einzelnen Menschen ist sein Ameisendasein so wichtig, so wichtig – – –
Wenn ein Gott aus der Höhe herabblicken würde, müsste er nicht lachen über diese Wichtigkeit?
Und ihr kam plötzlich diese tolle Anwandlung, – – sie musste lachen, lachen, lachen, – – lachen über sich und über ..
Hatte sie laut gelacht?
Nein, Ludwig hatte nichts bemerkt, seine Augen waren auf den Boden geheftet,
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/83&oldid=- (Version vom 10.11.2016)