Aber unbeweglich hielt sie das Haupt dabei und nur die grossen Augen wanderten umher.
„Es ist schön hier!“
Er lächelte glücklich und sah sie stumm an.
Sein Herz war so bewegt von den mannigfachsten Gefühlen ... aber sein Mund konnte das nicht aussprechen, was seine Seele dachte.
Aber Lea verstand das, was seine Augen ihr sagten, und ihr beredter Blick antwortete ihm.
Ein merkwürdiger Zustand war über sie beide gekommen, jener Zustand der Sympathie, die der Liebe vorausgeht, jenes Stadium, in dem man sich versteht, ohne zu sprechen, und wo Erklärungen so überflüssig sind.
Leas Benehmen, das jedem anderen unweiblich und herausfordernd erschienen wäre, begriff Ludwig ohne weiteres. Er verstand, dass sie ihm Trost bringen wollte, und dafür brachte er ihr unbegrenzte Dankbarkeit entgegen. Das Gefühl der Verpflichtung aber, das er für sie hegte, machte ihn ihr gegenüber schüchtern und verlegen. Lea ihrerseits aber, brachte seinem Betragen, das sie bei jedem
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/41&oldid=- (Version vom 24.10.2016)