Der Kunstfreund: Es ist das Portrait des Generals Le Coq, eben so ähnlich, als köstlich gemalt. Wie sinnig ist es auch, daß er hier die Hand, gleichsam Treue schwörend, auf das Postament der kolossalen Büste unsers geliebten Königs legt, als Repräsentant der Truppen, die man in weiter Ferne im Hintergrunde erblickt. Recht schwierig war es, diese weiße Marmorbüste in so tiefes Helldunkel zu bringen; des bewirkt die dunkelgrüne Draperie.
Die Dame: Nichts geht doch über den schönen, goldnen Ehrensäbel, den der General in der Hand hat; der ist aber auch in Paris gearbeitet. Wenn man ihn nur ganz sähe!
Der alte Professor: Warum nicht gar! – Etwas stärker impastirt wünschte ich die Farben in dem Kopfe; so machte es unser seliger Graff, da trat es zur Leinwand heraus. .Doch das Bild ist brav und macht mir den Künstler recht lieb.
Die Dame: Ach! sehen Sie einmal das hübsche junge Frauenzimmer in dem doch fast gar zu leichten Negligé, mit den Rosen in den Haaren! Die muß ich bestimmt kennen – irre ich mich nicht, so tanzte sie auf dem letzten Balle den Walzer mit dem Officier, der hier auch wieder neben ihr sitzt. Ob sie nur in dem Büchschen ihren Schmuck haben mag?
Der Kunstfreund: Verzeihen Sie Gnädigste, die beiden Bilder gehören ja gar nicht zusammen! Es ist eine Pandora, vom Prof. Pochmann gemalt, und ein Portrait von ebendemselben. – Doch wie ist unser Adelbert so verloren im Anschaun! Mit trunkner Lust hängt sein Auge an dem Johannes dem Täufer unsers Kügelgen.
Der Dichter: Ja wohl, Freund, möchte ich den Eindruck dieses Bildes einen seligen Rausch nennen! Welch ein wundersam tiefes Seelengemälde! Könnte wohl ein Bösewicht, oder ein Ungläubiger diesen Feuerblick aushalten? Würde ein jugendlich Leichtsinniger nicht erschüttert und bekehrt werden durch die Himmelsflamme, welche dieses Bild durchglüht! Wie er so gerad auf uns hinblickt, dieser gottbegeisterte Johannes mit den brennenden Augen, den kräftig schönen Zügen, welche aus den reichgelockten, dunkelbraunen Haupt- und Barthaar sich so kühn herausheben! Er zeigt mit der Rechten auf das Kreuz, und Flammen umwehen es! Nicht Einzelne, die Menschheit scheint er zurechtzuweisen!
Der Kenner: Es ist kein Wunder, daß dies Bild Sie so ergreift; den schönen Ausdruck abgerechnet, ist es auch meisterhaft verstanden und ausgeführt. Hier ist gründliche Kenntniß der Anatomie und jede Muskel, jede Sehne, ist gehörig gespannt und gewendet. Herrlich gemalt ist es auch; das muß der Neid gestehen! Wie schmelzen die Farben in dunkler Glut so schön, und doch auch so wahr in einander! Hier ist nichts Buntes, nichts Gefärbtes; man glaubt den glühenden Pulsschlag zu fühlen, der diese Lebenswärme hervorbringt. Wie wohlthuend ist das Grün des Gewändes zum Ganzen! Alles ist aufs Höchste ausgeführt; und doch ist nicht so glatt und ängstlich, wie ich es nun einmal nicht leiden mag, sondern kühn und frei. Es ist nur eine halbe Gestalt, aber sie ist im großen Styl und bewährt den Meister.
Unbekannt: Bemerkungen über die diesjährige Dresdner Kunstausstellung, in Briefen. F. A. Brockhaus, Leipzig 1818, Seite 589. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunstblatt_1818_Dresdner_Kunstausstellung.djvu/6&oldid=- (Version vom 13.11.2024)