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Seite:Kunstblatt 1818 Dresdner Kunstausstellung.djvu/19

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Idee ist aber bei weitem nicht so befriedigend. In dieser, ihren Sohn wehmüthig liebkosenden Thetis, ist nichts, was die erhabne Göttin, oder die rührende Mutter verriethe; nur der meerblaue, zarte Schleier bezeichnet sie einigermaßen. Zeichnung, Colorit und Faltenwurf sind brav; aber alles scheint nur durch Reflexion entstanden, es gibt weder dem Geist noch dem Herzen etwas.

Recht ausgezeichnet brav ist ein Portrait nach der Natur in Oel gemalt von Baumann, und die Kopie des Genius des Ruhmes nach Annibal Caracci von C. Müller. Im landschaftlichen Fache finden wir viel Ausgezeichnetes; besonders sind die Landschaften von K. Gottfr. Traug. Faber und die von Joh. Theod. Eusebius Faber sehr schön. Sowohl des erstern Obstlese bei Leubnitz, als sein wallendes Kornfeld hinter Recknitz, mit der Ansicht nach der sächsischen Schweiz, und sein Kirchhof sind trefflich ausgeführt. Der andere hat eine seltne Zartheit und Leichtigkeit in der Behandlung ganz kleiner Landschaften; seine Arbeiten sind reizende Cabinetsstücke. In Farbenton und Wahrheit der Beleuchtung zeichnen sich beide Faber sehr rühmlich vor allen andern jungen Landschaftsmalern hier aus. Karl Graff hat viel Leichtigkeit und Gefälliges; aber sein Farbenton ist mehr ideal, als wahr, er ist sich auch in allen seinen Arbeiten gar zu ähnlich. Rothe zeigt in seiner Landschaft, wo ein Engel dem Abel die heilbringenden Kräuter für seinen kranken Vater überreicht, recht viel Gefühl und Innigkeit. Die Viehstücke von Leschner sind brav, und zeigen Anlage zu niederländischer Farbenkraft. Unter den Blumenstücken zeichnet sich ein Strauß Wiesenblumen in einem Wasserglas, en gouache gemalt von Moritz Tettelbach, ungemein vortheilhaft aus. Es ist nicht möglich, in diesem Fache zarter, wahrer und mit mehr Grazie und Geschmack zu malen. Die Zusammenstellung ist wunderschön, keine Farbe schadet der andern; alle stimmen zu einem lieblichen Ganzen, worauf jedes Auge mit Wohlgefallen ruhen muß, statt daß wir auf manchem andern Blumenstück nur ein Zusammendrängen der buntesten Farben sehen, die das Auge fast verwunden. Alles ist hier reich und üppig grünend, aber nichts überladen; die zarten herabfallenden Ranken, die kleine Schnecke, die auf jenem Blatte sich wiegt, mit ihren Fühlhörnern in die Luft hinaustastend, der grünschillernde Käfer, der nach dem eben herabgewehten gelben Blütenstaub hineilt, die reizenden wilden Rosen, die mit ihrer zarten Farbe den Mittelpunkt des Straußes ausmachen, und die so aufgeblüht sind, daß wir fürchten ein Athemzug könnte sie entblättern: Alles ist der Natur abgelauscht. Die höchste Vollendung der Ausführung ist hier mit der zartesten Leichtigkeit, die bei Blumen so ungemein reizend ist, vereinet. Es ist ein wahres Meisterwerk und der bescheidne Künstler verdient laute Anerkennung. In den Vögeln und Blumen des Herrn Friedrich bewundern wir die Farbenpracht und die fleißige nette Ausführung. Die Johannisbeerästchen von Th. Richter sind mit großer Leichtigkeit hingeworfen. Diese Leichtigkeit gehört zu der zarten Poesie der Blumensprache, und ist Allen, die sich diesem Fache widmen, sehr zu empfehlen. –

Im zweiten Zimmer finden wir diesmal eine reiche Auswahl von wunderschönen Porzellan; Form und Malerei ist trefflich daran. Sehr unbefriedigend sind dagegen die Zeichnungen der Meißner Zeichnenschule; es herrscht ängstliche Kleinlichkeit in ihnen, sie sind weder in einem reinen freien Styl, noch mit Seele ausgeführt, sondern scheinen noch ganz der mittlern Zeit des 18ten Jahrhunderts anzugehören. Ganz verschieden ist der Geist der Leipziger Kunstakademie; hier ist Reinheit des Styls und ein schönes wetteiferndes Streben nach Freiheit, und Sicherheit mit Gefühl verbunden, sehr bemerkbar. Der wackere Schnorr hat hierbei ausgezeichnete Verdienste. Nur sind die Zeichnungen hier weit vorzüglicher, als die in Oel gemalten Portraits, die alle sehr geist- und leblos sind.

Das Oelgemälde von Louis Schnorr, welches den Engel darstellt, der den träumenden Joseph weckt, hat wohl viele Mängel; aber es zeigt von ächtem Genie und tiefem Gefühl. Die Köpfe und Gestalten sind edel und schön, der Faltenwurf ist großartig. Die auf ihrem Lager im Hintergrund schlummernde Maria, die das Jesuskind so innig an sich schließt, ist lieblich, der eben erwachende Joseph vorn, recht ausdrucksvoll; die auf dem Regenbogen schwebende Lichtgestalt des Engels, phantastisch. Ist gleich vieles noch unbeholfen, so sieht man doch ausgezeichnete Anlagen darin.

Die Landschaften des Dr. Carus haben wieder viel Dichterisches. Mondscheinscenen gelingen ihm besonders. Sowohl in der kleinen Mondscheinlandschaft, als in der großen, wo Marius auf den Trümmern Carthago’s dargestellt ist, bewundern wir den düstern Ernst des Farbentones bei großer Reinheit und Durchsichtigkeit. Es ist Sinn und Bedeutung in jedem Gemälde dieses gemüthvollen Dillettanten; man fühlt, daß ihm jede Naturerscheinung Hieroglyphe eines höhern Geistes wird.

Der Chronometrische Pfeil, der als Zeiger einer Achttaguhr für einen Salon bestimmt, und von dem Uhrmacher Weiße erfunden ist, nimmt sich schön, einfach und edel aus. Er ist von vergoldeter Bronze 3 Fuß 2 Zoll lang, und kann unmittelbar an die Wand befestigt werden.

Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Bemerkungen über die diesjährige Dresdner Kunstausstellung, in Briefen. F. A. Brockhaus, Leipzig 1818, Seite 658. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunstblatt_1818_Dresdner_Kunstausstellung.djvu/19&oldid=- (Version vom 13.11.2024)