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Seite:Kunst und Wissenschaft.pdf/41

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ein Fall vor, an welchem die Kunst Erfahrungstatsachen handhabt, deren Bewältigung die Wissenschaft noch nicht versucht hat.

Was ich eben für die Kunst der Malerei darzulegen versucht habe, wobei ich gar nicht einmal auf den offenkundigen Einfluß der Wissenschaft, auf die materielleren Seiten der Technik, das Farbmaterial, die Bindemittel, Malgründe u. s. w. eingegangen bin, das läßt sich an allen anderen Künsten in ähnlicher Weise darlegen. Daß z. B. die europäische Musik, die auf der Harmonie beruht, hierin einen ganz und gar wissenschaftlichen Boden besitzt, bedarf nur einer Andeutung. Auch hier machen wir die Beobachtung, daß der schaffende Künstler der Wissenschaft vorauseilt. Über die logische Verbindung der Harmonien in ihrer Aufeinanderfolge gibt es zwar einzelne Untersuchungen, aber soviel mir bekannt, ist es noch nicht gelungen, die musikalischen Mittel unserer Klassiker, einschließlich Beethoven, vollständig wissenschaftlich aufzuklären. Ich zweifle nicht daran, daß dies künftig möglich sein wird, und wir werden dann erkennen, daß jene großen Meister auf Grund ihres hochentwickelten musikalischen Gehörs Gesetze befolgt haben, von deren Existenz sie selbst keine bewußte Ahnung gehabt haben. Ähnlich wie bei der Perspektive wird es dann möglich sein, durch

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Wilhelm Ostwald: Kunst und Wissenschaft. Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1905, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst_und_Wissenschaft.pdf/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)