nach demselben Gesetze den Durchmesser des Epicjkels durchläuft, befindet er sich im Punkte , dem Mittelpunkte des den Epicykel leitenden Kreises am nächsten, wenn die Erde in den Durchmesser eintritt; und ist Letztere zu beiden Seiten in ihrer mittleren Stellung, so gelangt der Planet zu dem entferntesten Punkte . Auf diese Weise verlaufen für den Mittelpunkt der Bahn auf der Peripherie des kleinen Kreises , und für den Planeten auf dem Durchmesser [1], zwei geschwisterte, einander entsprechende, und mit dem Zeitraume eines Erdenjahres commensurable Bewegungen. Unterdessen bewegt sich aber der Epicykel, oder die Linie , mit eigener Bewegung in dem Kreise um dessen Mittelpunkt gleichmässig, ungefähr in 88 Tagen; vollendet auch in Bezug auf die Fixsternsphäre einfach einen Umlauf, kehrt aber mit der Bewegung, um welche diejenige der Erde übertroffen wird, und welche wir die parallactische nennen, in 116 Tagen in dieselbe Lage zurück, wie das genauer aus der Tafel der mittleren Bewegungen entnommen werden kann. Ferner folgt, dass Merkur bei seiner eigenen Bewegung nicht immer dieselbe Kreisperipherie beschreibt, sondern, nach Verhältniss des Abstandes von dem Mittelpunkte seiner Bahn, sehr verschiedene: und zwar die kleinste im Punkte , die grösste in , die mittlere in , fast in derselben Weise, welche man an dem Epicykel des Epicykels beim Monde wahrnehmen kann; denn was beim Monde in der Peripherie, das geschieht beim Merkur im Durchmesser in veränderlicher, jedoch aus gleichmässigen zusammengesetzter Bewegung. Wie dies zugeht, haben wir oben bei der Präcession der Nachtgleichen gezeigt. Wir werden aber hierüber noch einiges Andere und Näheres weiter unten bei den Breiten anführen. Diese Annahme genügt allen Erscheinungen, welche man am Merkur auftreten sieht, was aus der Geschichte der Beobachtungen des Ptolemäus und Anderer deutlich werden wird.
Ptolemäus beobachtete den Merkur im ersten Jahre des Antoninus nach Sonnenuntergang des 20sten Tages des Monats Epiphi,[2] während der Planet als Abendstern in seiner grössten östlichen Entfernung von dem mittleren Orte der Sonne sich befand. Vom Anfange der Jahre Christi bis zu dieser Zeit waren es aber 137 ägyptische Jahre[3] 188d 42I 30II Krakauer Zeit, und folglich lag der mittlere Ort der Sonne nach unserer Berechnung in 63° 50′, und der Planet wurde durch das Instrument, wie er sagt, in 7° des Krebses gesehen. Zieht man davon die Präcession der Nachtgleichen, welche damals 6° 40′ betrug, ab, so war der Ort des Merkur in 90° 20′ vom ersten Sterne des Widders in der Fixsternsphäre; und seine grösste Entfernung von der mittleren Sonne gleich 26° 30′. Eine zweite Beobachtung machte er im 4ten Jahre des Antoninus bei anbrechendem 19ten Tage des Monats Phamenoth[2], nachdem seit dem Anfange der Jahre Christi
Anmerkungen [des Übersetzers]
- ↑ [60] 436) Die Nürnberger und Baseler Ausg. lesen hierfür , die Säc.-Ausg. hat richtig .
- ↑ a b [60] 437) Almagest IX. 8.
- ↑ [60] 438)
Vom Tode Alexanders bis zum Regierungsantritte Antoninus sind verflossen 460a ägyptisch vom Anfange der Jahre des Antoninus 319d 5hzusammen 460a 319d 5hvom Tode Alexanders bis zum Anfange der Jahre Christi 323 130 12also waren von der Geburt Christi bis zur Beobachtung verflossen 137a 188d 17h, wo die Jahre ägyptische die Stunden aber Krakauer Zeit sind, weil die Beobachtung nach alexandriner Zeit 6 Uhr Abends gemacht wurde. 17h sind aber 42I 30II. Der Wortlaut des lateinischen Textes „anni Christi“ soll also nicht Jahre christlicher Zeitrechnung, sondern ägyptische Jahre nach Christi Geburt bedeuten.
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Thorn 1879, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/338&oldid=- (Version vom 29.3.2017)