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Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/283

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man nicht mit Unrecht die Bewegung der Parallaxe genannt, weil sie es ist, welche bei allen Planeten die Stillstände und die rechtläufigen und rückläufigen Bewegungen in der Erscheinung hervorbringt, nicht weil der Planet selbst dieselben an sich hat, denn derselbe ist in seiner eigenen Bewegung immer rechtläufig; sondern weil dies nach Maassgabe der Parallaxe so erscheint, wie es die Bewegung der Erde, je nach der Verschiedenheit und der Grösse jener Bahnen, bedingt. Es ergiebt sich daher, dass die wahren Oerter des Saturn, des Jupiter und des Mars nur dann für uns wahrnehmbar sind, wenn sie des Abends aufgehen, was ungefähr in der Mitte ihrer rückläufigen Bewegungen eintritt; dann stehen sie nämlich mit dem mittleren Orte der Sonne in grader Linie und sind von jener Parallaxe frei. Bei der Venus und dem Merkur ist das Verhältniss ein anderes. Diese sind nämlich, wenn sie im vollen Lichte stehen, unsichtbar, und zeigen sich nur in ihren Abweichungen, welche sie von der Sonne nach der einen oder nach der andern Seite machen, so dass sie nie frei von jener Parallaxe gefunden werden. Es kommt also jedem Planeten sein besonderer parallactischer Umlauf zu, ich nenne dies die Bewegung der Erde in Bezug auf den Planeten[1], und die Planeten zeigen dieselbe an einander. Wir behaupten nämlich, dass die parallactische Bewegung nichts anderes sei, als diejenige Differenz, um welche die mittlere Bewegung der Erde die Bewegung der Planeten übertrifft, wie beim Saturn, Jupiter und Mars; oder von letzterer übertroffen wird, wie bei Venus und Merkur. Da aber diese Perioden der Parallaxen um einen merklichen Unterschied ungleich befunden werden: so glaubten die Alten, dass auch die Bewegungen der Planeten ungleichmässig wären, und dass ihre Bahnen Absiden besässen, an denen ihre Ungleichmässigkeiten wiederkehrten, und dass dieselben ihre unabänderlichen Oerter in der Fixsternsphäre hätten. Hierdurch war der Weg eröffnet, um die mittleren Bewegungen der Planeten und ihre gleichmässigen Perioden zu erforschen. Denn, wenn man den Ort irgend eines derselben, nach seinem bestimmten Abstande von der Sonne und einem Fixsterne überliefert erhalten hatte, und erkannte, dass der Planet nach einem gewissen Zeitraume, bei gleichem Abstande von der Sonne zu demselben Orte zurückgekehrt sei: so schien der Planet alle seine Ungleichmässigkeiten durchlaufen zu haben, und durch alle diese hindurch in seine frühere Stellung zur Erde zurückgekehrt zu sein. Und so berechnete man aus der Zeit, welche verlaufen war, die Anzahl der ganzen, gleichmässigen Umläufe, und aus diesen die besonderen Bewegungen des Gestirns. Ptolomäus bearbeitete diese Umläufe, soweit er dieselben von Hipparch erhalten zu haben angiebt, nach Sonnenjahren von Neuem[2]. Unter Sonnenjahren will er solche verstanden wissen, die vom Nachtgleichenpunkte oder vom Solstitium gerechnet werden. Es hat sich aber schon ergeben, dass solche Jahre nicht ganz gleich sind; deshalb bedienen wir uns derjenigen, welche nach den Fixsternen gerechnet werden, und nach diesen sind also die Bewegungen jener fünf Gestirne von uns verbessert hergestellt, sofern wir gefunden haben, dass dieselben zu

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [48] 339) An dieser Stelle fährt das Manuscript so fort: „und die unter einander so zusammenhängenden Bewegungen beider verrathen und ergeben die einfache Bewegung der Erde, die man der Sonne zuschreibt, sintemal man in dem ganzen Werke und hier besonders eingedenk sein muss, dass das, was man im gemeinen Leben von der Bewegung der Sonne sagt, immer von der Bewegung der Erde zu verstehen ist.“ Vergl. Säc.-Ausg. pag. 308.
  2. [48] 340) Almagest IX. 3.