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Seite:Konfliktkommissionsordnung.pdf/10

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Beratung wegen einfacher zivilrechtlicher und anderer Rechtsstreitigkeiten

§ 55

(1) Die Konfliktkommission berät zur gütlichen Beilegung von
- einfachen zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Bürgern wegen Geldforderungen
- Streitigkeiten wegen der Erfüllung rechtsverbindlich festgelegter Unterhaltsverpflichtungen
- anderen Rechtsstreitigkeiten mit einfachem Sachverhalt zwischen Bürgern, die im alltäglichen Leben der Bürger aus Verletzungen ihrer Rechte und Pflichten insbesondere im Zusammenleben in der Haus- und Wohngemeinschaft entstehen
- einfachen zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Betrieb und Betriebsangehörigen.
Die Konfliktkommission ist bei Streitigkeiten wegen Geldforderungen bis zur Höhe von etwa 500 M zuständig.
(2) Anträge auf Beratung können ein oder mehrere Bürger, bei Streitigkeiten, die sich im Zusammenleben der Bürger in den Haus- und Wohngemeinschaften ergeben, auch Hausgemeinschaftsleitungen stellen. Anträge für den Betrieb stellt der Betriebsleiter oder ein leitender Mitarbeiter des Betriebes.

§ 56

(1) Die Beratung erfolgt in Anwesenheit des Antragstellers und Antragsgegners. Ist das Erscheinen des Antragstellers oder des Antragsgegners aus wichtigen Gründen, wie längere Krankheit oder längere Abwesenheit, nicht möglich, kann er sich durch einen Bürger vertreten lassen.
(2) Die Konfliktkommission wirkt in der Beratung darauf hin, daß Antragsteller und Antragsgegner eine den Grundsätzen des sozialistischen Rechts entsprechende Einigung erzielen. Sie bestätigt eine solche Einigung durch Beschluß. Bei der Einigung über Geldforderungen soll eine angemessene Zahlungsfrist oder Ratenzahlung vereinbart werden.
(3) Können Antragsteller und Antragsgegner keine Einigung erzielen, kann auf ihren gemeinsamen Antrag über den Streitfall von der Konfliktkommission entschieden werden, soweit der Sachverhalt einfach, umfassend aufgeklärt und rechtlich nicht schwierig zu beurteilen ist.

§ 57

(1) Die Konfliktkommission kann bis zum Schluß der Beratung den Antrag auf Behandlung der Sache ablehnen, wenn sich ergibt, daß der Sachverhalt nicht einfach, durch Befragen des Antragstellers, des Antragsgegners und anderer Bürger nicht zu klären oder rechtlich schwierig zu beurteilen ist.
(2) Der Antragsteller hat das Recht, seinen Antrag bis zum Schluß der Beratung zurückzunehmen.
(3) Erscheint der Antragsteller oder der Antragsgegner unbegründet nicht zur Beratung oder kann weder eine Einigung erreicht noch eine Entscheidung nach § 56 Abs. 3 getroffen werden, stellt die Konfliktkommission die Beratung durch Beschluß ein.
(4) Der Antragsteller ist in den Fällen der Absätze 1 bis 3 darauf hinzuweisen, daß er sich an das Kreisgericht wenden kann.

V. Einspruch und Durchsetzung der Entscheidung

§ 58 Einspruchsrecht

(1) Antragsteller und Antragsgegner bei arbeitsrechtlichen, zivilrechtlichen und anderen Rechtsstreitigkeiten, der wegen eines Vergehens, einer Verfehlung, einer Ordnungswidrigkeit oder einer Schulpflichtverletzung beschuldigte Bürger, der Antragsteller im Falle einer Beleidigung, Verleumdung oder eines Hausfriedensbruches haben das Recht, gegen die Entscheidung der Konfliktkommission innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Beschlusses in schriftlicher Form Einspruch beim Kreisgericht einzulegen oder zu Protokoll der Rechtsantragsstelle zu erklären. Dieses Recht hat auch der Geschädigte, soweit es die Entscheidung über die Wiedergutmachung des Schadens betrifft. Ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, können auch die Erziehungsberechtigten Einspruch einlegen.
(2) Der Einspruch gegen die Bestätigung einer Einigung in einer arbeits- oder zivilrechtlichen Streitigkeit kann nur damit begründet werden, daß eine Einigung nicht vorgelegen hat oder diese gegen Grundsätze des sozialistischen Rechts verstößt.
(3) Der Staatsanwalt des Kreises, in dessen Bereich sich die Konfliktkommission befindet, kann gegen jede Entscheidung der Konfliktkommission innerhalb von drei Monaten nach Beschlußfassung Einspruch beim zuständigen Kreisgericht einlegen, wenn die Entscheidung oder einzelne Verpflichtungen nicht dem Gesetz entsprechen.
(4) Für die Entscheidung über den Einspruch ist das Kreisgericht zuständig, in dessen Bereich sich die Konfliktkommission befindet.

§ 59 Entscheidung über den Einspruch

Für das Verfahren in Arbeitsrechtssachen gilt die Arbeitsgerichtsordnung vom 29. Juni 1961 (GBl. II S. 271). Für das Verfahren vor dem Kreisgericht in den anderen Sachen finden die §§ 55 bis 57 der Schiedskommissionsordnung vom 4. Oktober 1968 (GBl. I S. 299) entsprechende Anwendung.

Durchsetzung der Entscheidung

§ 60

(1) Der Bürger soll übernommene oder ihm als Erziehungsmaßnahme auferlegte Verpflichtungen freiwillig erfüllen.
(2) Die Zahlung einer Geldbuße erfolgt an den Rat der Gemeinde, den Rat der Stadt oder des Stadtbezirkes, in dessen Bereich der Bürger wohnt.[297]
(3) Kommt ein Bürger seiner Verpflichtung zur Entschuldigung oder öffentlichen Zurücknahme einer Beleidigung oder Verleumdung nicht nach, kann die Konfliktkommission erneut beraten (§ 21 Abs. 3). Sie kann mit Ausnahme der Geldbuße eine andere geeignete Erziehungsmaßnahme (§ 34) festlegen und beschließen, daß die öffentliche Zurücknahme einer Beleidigung oder Verleumdung durch eine Veröffentlichung ihrer Entscheidung ersetzt wird.

§ 61

(1) Die in einem Beschluß der Konfliktkommission enthaltene Festlegung, Verpflichtung oder Einigung über Geldforderungen, Wiedergutmachung des Schadens, Geldbuße, Herausgabe von Sachen, Vornahme von Reparaturen und Erstattung von Auslagen kann vom Kreisgericht für vollstreckbar erklärt werden.
(2) Der Anspruchsberechtigte kann beim Kreisgericht die Vollstreckbarkeit beantragen. Das gleiche Recht hat hinsichtlich der Geldbuße der örtliche Rat (§ 60 Abs. 2).
(3) Für das Verfahren über die Vollstreckbarkeitserklärung von Beschlüssen in Arbeitsrechtssachen gilt die Arbeitsgerichtsordnung vom 29. Juni 1961 (GBl. II S. 271). Für das Verfahren über die Vollstreckbarkeitserklärungen in den anderen Sachen findet § 60 der Schiedskommissionsordnung vom 4. Oktober 1968 (GBl. I S. 299) entsprechende Anwendung.
(4) Gegen die Entscheidung des Kreisgerichtes über die Vollstreckbarkeit ist kein Rechtsmittel gegeben.

VI. Besondere Bestimmungen

§ 62 Dauer der Entscheidungswirkung

(1) Die Entscheidungen der Konfliktkommission über Vergehen, Verfehlungen, Ordnungswidrigkeiten, Verletzungen der Arbeitsdisziplin und der Schulpflicht und die festgelegten Erziehungsmaßnahmen bleiben für die Dauer eines Jahres nach Ablauf der Einspruchsfrist wirksam, soweit hierfür in anderen gesetzlichen Bestimmungen nicht eine längere Frist festgelegt ist. Nach Ablauf dieser Frist dürfen sie dem betroffenen Bürger nicht mehr vorgehalten werden.
(2) Die Vollstreckung von Ansprüchen aus Beschlüssen der Konfliktkommission (§ 61) ist auch nach Ablauf der in Abs. 1 genannten Frist möglich.

§ 63 Besonderheiten der Verantwortlichkeit

Über Vergehen, bei denen die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 vorliegen, sowie über Verfehlungen und Ordnungswidrigkeiten von Angehörigen der bewaffneten Organe kann die Konfliktkommission nicht beraten und entscheiden. Die Angehörigen der bewaffneten Organe unterliegen insoweit der Disziplinarbefugnis der Kommandeure oder der Leiter der Dienststellen.

VII. Leitung und Unterstützung der Konfliktkommissionen

§ 64 Aufgaben der betrieblichen Gewerkschaftsleitungen

(1) Die betrieblichen Gewerkschaftsleitungen sind für die Anleitung und Schulung der Mitglieder der Konfliktkommissionen verantwortlich. Sie werden dabei von den Betriebsleitern und den leitenden Mitarbeitern des Betriebes aktiv unterstützt.
(2) Die betrieblichen Gewerkschaftsleitungen werden ihrer Verantwortung insbesondere dadurch gerecht, daß sie Berichte der Konfliktkommissionen entgegennehmen, die Tätigkeit der Konfliktkommissionen analysieren und ihre Ergebnisse verallgemeinern. Sie werten regelmäßig gemeinsam mit den Betriebsleitern und den leitenden Mitarbeitern des Betriebes die Erfahrungen aus der Konfliktkommissionstätigkeit aus und sorgen dafür, daß sie für die Verbesserung der Leitungstätigkeit im Betrieb genutzt werden.

Aufgaben der Betriebsleiter

§ 65

(1) Die Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter des Betriebes sind verpflichtet, die Mitglieder der Konfliktkommissionen bei der Ausübung ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit allseitig zu unterstützen. Sie haben auf Verlangen der Konfliktkommissionen an deren Beratungen teilzunehmen und den Konfliktkommissionsmitgliedern Einblick in die betrieblichen Unterlagen zu gewähren, soweit dies für die richtige Beurteilung der Sache und der Person des Bürgers notwendig ist und dem keine gesellschaftlichen Interessen entgegenstehen.
(2) Die Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter des Betriebes sind verpflichtet, die Berichte und Analysen der betrieblichen Gewerkschaftsleitungen über die Tätigkeit der Konfliktkommissionen für die Verbesserung der betrieblichen Leitungstätigkeit auszuwerten.
(3) Sie haben in Belegschafts- und Gewerkschaftsversammlungen sowie vor der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung darüber zu berichten, wie sie die Mitglieder der Konfliktkommissionen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützt haben und wie sie ihren eigenen Aufgaben zur allseitigen Unterstützung der Konfliktkommissionen nachgekommen sind.

§ 66

(1) Die Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter des Betriebes haben dafür zu sorgen, daß den Konfliktkommissionsmitgliedern auf Kosten des Betriebes die sachlichen Voraussetzungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit geschaffen werden. Hierzu gehört insbesondere die Bereitstellung der erforderlichen gesetzlichen Unterlagen, der notwendigen Literatur, der Einsatz eines Protokollführers in den Beratungen und die Bereitstellung eines geeigneten Beratungsraumes.
(2) Den Mitgliedern der Konfliktkommissionen sind notwendige Auslagen – auch die, die im Zusammenhang mit der Anleitung und Schulung entstehen – auf Antrag durch den Betrieb zu erstatten.
Empfohlene Zitierweise:
: Konfliktkommissionsordnung (DDR) 1968. , Deutsche Demokratische Republik 1968, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Konfliktkommissionsordnung.pdf/10&oldid=- (Version vom 7.11.2023)