Der demokratisch gesinnte Beethoven war sein ganzes Leben verstimmt, weil die musikalische Welt zu lange mit der Anerkennung seiner Verdienste zögerte; dann stärkten seine Taubheit und sein melancholisches Temperament seinen Hang zur Einsamkeit in solchem Grade, daß er sich sogar längere Zeit mit Selbstmordgedanken trug, von deren Ausführung ihn nur die Liebe zur Kunst abhielt.
Shelley, der zartfühlende, edle Poet, der die Menschen so unaussprechlich liebte, aber die ersehnte Gegenliebe nicht fand, hat in dem allegorischen Gedichte „Alastor“ seinem Hange zur Einsamkeit erhabenen Ausdruck verliehen. Alastor ist von der Sehnsucht nach einem ihm ebenbürtigen Geiste inbrünstig erfüllt und da er diesen nur in der Welt seiner Phantasie, nicht aber in der wirklichen Welt findet, so sinkt er enttäuscht in ein frühes Grab.
Auch Coleridge führte ein einsames Leben. In dem Orte, den er zwanzig Jahre bewohnte, war er so unbekannt, daß, als er starb, Niemand seiner Leiche folgte.
Niemand dürfte sich in der Einsamkeit wohler gefühlt haben als Wordsworth. In der Stille der Natur fand er Alles, wonach sein Herz sich sehnte, nämlich einen Tempel zur Verrichtung seiner Andacht, einen Ort der Ruhe und Freude und eine Laube zum idyllischen Träumen.
Im Dhahammapada steht zu lesen: „Wenn du keinen Freund hast mit dir zu reisen, so reise fröhlich alleine, das Ziel vor dir, die Welt hinter dir. Besser alleine mit deinem Herzen, als mit einer Menge von Schwätzern.“ Diesen Spruch hatte sich Thoreau, auf den wir nun wieder zurückkommen, zum Leitstern seines Lebens erkoren. Die Vergangenheit kümmerte ihn wenig; er lebte nur für die Gegenwart und hoffte das Beste von der Zukunft.
Sein Gottesdienst bestand im regen Verkehr mit der
Karl Knortz: Ein amerikanischer Diogenes (Henry D. Thoreau). Verlagsanstalt und Druckerei A.-G., Hamburg 1899, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Knortz-Ein_amerikanischer_Diogenes_(Henry_D.Thoreau).djvu/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)