und schieb den Riegel vor,“ und dann setzten sie sich an den Herd, und die Mutter nahm die Brille, und las aus einem großen Buche vor, und die beiden Mädchen hörten zu, saßen und spannen; neben ihnen lag ein Lämmchen auf dem Boden, und hinter ihnen auf einer Stange saß ein weißes Täubchen, und hatte seinen Kopf unter den Flügel gesteckt.
Eines Abends, als sie so vertraulich beisammen saßen, klopfte jemand an die Thüre, als wollte er eingelassen seyn. Die Mutter sprach „geschwind, Rosenroth, mach auf, es wird ein Wanderer seyn, der Obdach sucht.“ Rosenroth gieng, und schob den Riegel weg, aber statt daß ein Mensch gekommen wäre, streckte ein Bär seinen dicken schwarzen Kopf zur Thüre herein. Rosenroth schrie laut, und sprang zurück; das Lämmchen blöckte, das Täubchen flatterte auf, und Schneeweißchen versteckte sich hinter der Mutter Bett. Der Bär aber fieng an zu sprechen, und sagte „fürchtet euch nicht, ich thue euch nichts zu leid, ich bin halb erfroren, und will mich nur ein wenig bei euch wärmen.“ „Ei, du armer Bär,“ sprach die Mutter, „leg dich ans Feuer, und gib nur acht daß dir dein Pelz nicht brennt.“ Dann rief sie „Schneeweißchen, Rosenroth, kommt hervor, der Bär thut euch nichts, er meints ehrlich.“ Da kamen sie beide heran, und nach und nach näherten sich auch das Lämmchen und Täubchen, und hatten keine Furcht mehr. Der Bär sprach „ihr Kinder, klopft mir den Schnee ein wenig aus dem Pelzwerk,“ und sie holten den Besen, und kehrten dem Bär das Fell
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1837). Dieterich, Göttingen 1837, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder-_und_Haus-M%C3%A4rchen_1837_Band_2.djvu/331&oldid=- (Version vom 1.8.2018)