Eve nickte. „Ich wußte, er wird nich kommen. So is schon. Die da im Schloß hat ihn nu wieder.“ Eve schwieg eine Weile und sann, dann fragte sie: „Was werden Sie tun? Werden Sie ins Wasser gehn?“
„Ins Wasser?“ wiederholte Mareile, „warum fragst du das?“
Eve zuckte mit den breiten Schultern. „Na so. Ich wollte auch ins Wasser, als Sie ihn mir wegnahmen.“
Aufmerksam beugte Mareile sich zu dem Mädchen hinaus. „Sag’, Eve, wie – wie war das?“
„Na ja,“ berichtete Eve, „als er mit Ihnen ging … ich hockte dort unter dem Haselnußstrauch, wenn Sie mit ihm hier drinnen waren. Ja, na zuerst dacht’ ich, ich schieße Sie tot.“
„Aber?“ fragte Mareile gespannt.
„Man will – man will,“ meinte Eve, „na, und dann is die Courage nich da.“
„Und das mit dem Wasser?“
Eve lachte. „Ja, da wollt’ ich auch rein. Zum schwarzen Auge ging ich. Sie wissen, das runde, schwarze Wasser unten im Sumpf. In der Mitte is es tief – tief. Nacht war’s. Und der Mond war hell. Na ja! wenn’s dunkel is, dann gruselt’s einem vor solchen Geschichten. Da ging ich nu – rein. Am Anfang ging’s ganz gut. Das Wasser kam kalt an die Beine. Aber wie’s nu tiefer wurde und das Wasser an den Bauch und die Brust rauf wollte, nee – nee – da –“ Eve schwieg.
„Da?“ fragte Mareile.
„Ich konnt’s nicht. Sterben, nee, das versteh ich nich.“
Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/143&oldid=- (Version vom 1.8.2018)