Sterneck wiegte sich vor Behagen. Tettau schwoll ordentlich vor Gefühlsseligkeit; sein gelber Kragen wurde ihm zu eng. Nur die beiden Frauen flüsterten und lachten. „Sieh die Augen des Majors,“ sagte Ida, „sie sind so süß, daß sie kleben! Ach! und mein Egon!“ Eine Feindseligkeit gegen Mareile stieg in ihnen auf. „Wie sie den Zucker ausgießt; das ist schon degoutant,“ sagte Ida bitter.
Das Lied war zu Ende. Günther erklärte, man müsse nach Hause. Er wollte Mareile, sein Wunder, das er die andern hatte anstaunen lassen, wieder an sich nehmen; die begehrenden Augen der anderen Männer machten ihn nervös. Auf dem Heimwege flüsterte Günther Mareile zu: „Ich muß dich heute nacht sehen.“ Mareile nickte. Die Feindseligkeit der beiden anderen Frauen bewog sie, zu dieser Unvorsichtigkeit „ja“ zu sagen.
Im Gemüsegarten stand eine kleine Hütte, die zur Aufbewahrung von Gartengeräten, Blumentöpfen und Sämereien benutzt wurde. Dort trafen sich Günther und Mareile. Durch das kleine Fenster drang etwas Mondlicht in den Raum. Eine Fledermaus, die sich hier herein verirrt hatte, kreiste unablässig unter dem Dache. Alldas atmete schwere Traurigkeit, daß die Liebenden sich eng aneinander drängten, im Fieber der Sinne Schutz suchten.
Mareile jedoch fing an zu klagen. Jetzt also begann die Feindschaft derer, die in Reih und Glied stehen. O! sie kannte das, wenn die Worte den Ton einer Türe annehmen, die höflich vor uns geschlossen wird. „Ja, häßlich ist es, hier unter ihnen zu leben. Ich betrüge sie, diese vornehmen Damen. Ja, wenn wir unsere Liebe so hinausschreien dürften, das wäre was, aber so.“
Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/109&oldid=- (Version vom 1.8.2018)