wie Pyramiden von zerknitterter, verschossener Seide. Mareile trug ein schwarzes Kleid, das ganz voll schwarzer Schmelzen war. „Das ist hübsch,“ dachte Beate; dieses Bild erregte in ihr jedoch ein scharfes, fast quälendes Interesse. Sie strengte die Augen an, um den Ausdruck der Gesichter erkennen zu können.
„Wie schaust du aus, Beating?“ rief Seneïde. Bei den geringfügigsten Anlässen hatte Seneïde die Art so aufzuschrecken, angstvoll, als sähe sie ein Kind im Fenster des vierten Stockes stehen, bereit herabzustürzen.
„Ich?“ sagte Beate. „Aber Tante, du erschreckst einen ja. Ich geh’ noch zu Went hinüber,“ fügte sie hinzu, als sei das das Mittel gegen etwas, das sie angefallen hatte.
Am Abend, als der Mond rund über den Parkbäumen stand, sollte eine Kahnfahrt unternommen werden. „Das zu versäumen, wäre barbarisch,“ schnarrte Tettau. „Man hat doch auch seine Poesie im blauen Blut, nicht, meine Damen?“
Wie ein gespenstischer Tag lag die Mondhelle über dem Garten. Die Damen legten einander die Arme um die Taillen, hoben die Gesichter zum Monde auf und sprachen in Ausrufen. Die Herren folgten. „Hören Sie, Tarniff,“ meinte Tettau, „superbes Weib, die Frau Berkow. Donnerwetter! Aber gut, daß wir dem Egon die Zügel anzogen; ’ne adlige Ehefrau, das is sie nu mal nich.“
„Überhaupt keine Ehefrau,“ bemerkte Günther.
„So! Na ja, der Berkow, dummer Kerl, unsympathisch. Aber hören Sie, ich könnte nicht so wochenlang ruhig neben dieser Frau leben. Ehe – ganz schön; aber es gibt beauté’s, die einen geradezu zu Dummheiten zwingen.“
Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)