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Seite:Keplers Traum 102.jpg

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Ausfluss aus der Sonne‘ ist nicht identisch mit Keplers magnetischer Kraft, auf die er seinen Begriff von der Schwere construirte, sie wirkt nicht anziehend, sondern umdrehend und zwar nach einer Richtung, West-Ost, und deshalb schloss Kepler auch, dass sie nicht mit dem Quadrat der Entfernung, sondern im einfachen Verhältniss der Entfernung abnehme.[UE 1] Dass die Umlaufszeiten der Planeten nicht mit der Umwälzungsdauer der Sonne übereinstimmten, überhaupt nicht alle Planeten dieselbe Umlaufszeit haben, ergab sich nun für Kepler ganz naturgemäss: die bewegende Kraft der Sonne wird mit ihrer Entfernung schwächer, und die Planeten selbst setzen vermöge ihrer Trägheit der Umdrehungsfähigkeit der Sonne Widerstand entgegen und zwar einen um so grösseren, je grösser ihre Masse ist.

Weshalb bewegen sich nun aber, wie anzunehmen es wohl am nächsten läge, die Planeten durch diese Einwirkung der Sonnenkraft nicht in Kreisen, sondern in Ellipsen um ihren Centralkörper? Dies liegt, wie Kepler in seinem Werke[UE 2] ausführlich erläutert, daran, dass jeder Planet, nach Art eines Magneten, eine Magnetaxe hat, deren einer Pol die Sonne ‚verfolgt, ihr freundlich‘ ist, deren anderer sie ‚flieht, ihr feindlich‘ ist. Diese Magnetaxe bleibt sich bei der Rotation und Revolution immer parallel, gleich der Nadel eines um einen festen Punkt herumgeführten Compasses.[UE 3]

In Fig. 9 bedeute A, B .... H die Stellung des Planeten in seiner Bahn um die Sonne, und die Pfeile die Lage der Magnetaxe [deren Spitze der freundliche, deren Fahne der feindliche Pol sei], dann wird in A, wo diese Axe der Sonne ihre Seite zukehrt und beide Pole gleich weit von der Sonne abstehen, diese jene weder anziehen noch abstossen, sondern nur um sich herumdrehen. Hierdurch kommt der Planet nach und nach in die Lagen B, C, D, wo der freundliche Pol der Sonne zugekehrt ist: er wird also in diesem Theil seiner Bahn von der Sonne angezogen werden und sich ihr nähern, bis er nach E kommt, seinem Perihel. Hier

Anmerkungen des Übersetzers

  1. Wie Apelt in seiner angezogenen Schrift, S. 72, hierzu treffend bemerkt, ist dieser Grund allerdings etwas sonderbar.
  2. ‚Auszüge aus der Astronomie des Copernicus.‘ Linz 1620. Buch IV, Cap. 57. K. O. O. VI, S. 337 ff.
  3. Ich folge in Nachstehendem wesentlich den schon angeführten Schriften: Apelt S. 73 ff. u. Günther S. 66 f.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 074. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_102.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)