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Seite:Keplers Traum 024.jpg

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manche Probleme ebensowohl durch Gründe der Wissenschaft erklärt finden, als auch durch Gründe der Vernunft, seinem Gesichtskreise entsprechend, wie ich mich überhaupt bemüht habe, meine Ansichten und Meinungen frei von jeder philosophischen oder astronomischen Terminologie in der Ausdrucksweise so vorzutragen, dass sie jedem Leser von allgemeiner Bildung verständlich sind.

Neben dem ausgesprochenen Wunsche hat mich noch ein anderer Gedanke geleitet: die Hoffnung, die astronomischen Vorgänge unserer Mutter Erde und ihres nächsten, treuen Begleiters, des Mondes, jedem nach Aufklärung in dieser Richtung Strebenden näher zu rücken als es die immerhin sich populär nennenden astronomischen Bücher vermögen, die, schon weil sie einen weiteren Plan haben, auch auf die hier in Frage kommenden Einzelheiten nicht so ausführlich eingehen können.

Und dazu schien mir das Ungewöhnliche in Keplers ‚Traum vom Mond‘ ganz besonders geeignet zu sein: das Leben mit seinem alltäglichen Gange und gewohnten Tritt und Schritt hat etwas Langweiliges und Ermüdendes und nur das Ungewöhnliche reizt und macht empfänglich. So interessirt uns die Sonne in ihrem vollen Strahlenglanze weniger, als wenn sie einmal verfinstert ist und wie viele Menschen giebt es wohl, die mit wirklicher Andacht zum guten Mond hinaufsehen, wenn er voll und rund durch die stille Nacht dahinwandelt? Aber die halbe Welt würde die ganze Nacht aufbleiben, wenn der gute Geselle sich einmal einfallen lassen sollte – viereckig aufzugehen!

Einige begleitende Worte will ich dem Kepler-Bildniss, welches ich meinem Buche beigegeben habe, hinzufügen. Ich halte es für das wahre Bildniss des grossen Astronomen. Das Original befindet sich im Besitz des Benediktinerstifts zu Kremsmünster; es ist auf eine Platte von Eichenholz in Oel auf dunklem Grunde gemalt, 37 cm breit und 50 cm hoch, und stellt Kepler in der Tracht der Professoren der damaligen Zeit dar. Nach den Notizen, die ich Herrn P. Hugo Schmid, Stiftsbibliothekar dort, verdanke, gehörte das Gemälde einem Notar Gruner, der es 1864 an den derzeitigen Abt des Stiftes, Reslhuber[1], verkaufte. Ein Malername oder Zeichen ist auf der Tafel nicht zu entdecken, die auf der Rückseite befindliche – in unserer Reproduction unter das Bildniss gesetzte – Inschrift ist viel späteren Datums; auch ist über den Ursprung und die Zeit der Entstehung nichts bekannt.

Wolf[2] sagt darüber: „Ein noch hübscheres [als das Original in

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite XX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_024.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
  1. Augustin Reslhuber, Astronom und Meteorolog, geb. 1808 in Saass (Oberösterr.), seit 1860 Abt, gest. 1875.
  2. Rudolf Wolf, ‚Geschichte der Astronomie‘. München 1877. S. 308.