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Seite:Katzenschlucker.djvu/71

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zu sehen, aber ich will euer Silber nicht, nur drei schlechte Groschen, Kinder sogar nur zwei, nicht mehr, nicht weniger! Drängt euch doch nicht so, ihr kommt alle herein!“

Das Gedränge um die elende Bude war gewiß groß, aber niemand stieg die holperigen drei Stufen zum Eingang hinauf. Der Gaukler sah, daß er etwas von seinen Künsten zeigen müsse, um die Leute heraufzulocken. Und so begann er wieder:

„He, du großkopfeter Bauer da, warum trägst du denn drei Eierkuchen und zwei Turteltauben unter deiner Mütze? Was, du sagst, daß es nicht wahr ist? Gib sie mir einmal her, ich werde es dir schon zeigen!“

Zögernd reichte der Bauer die Mütze herauf. Der Gaukler sagte seinen Hokuspokus her und schickte sich an, mit einem raschen Griff die Kuchen und Tauben, die er in einem geschickten Versteck schon bereit hatte, aus der Mütze herauszuholen. Aber wie erstaunte er, als aus der Mütze ganz von selbst drei schöne, goldgelbe Kuchen herausfielen und zwei Turteltauben herausflatterten! Einen Augenblick war er sprachlos, traute seinen eigenen Augen nicht, aber dann fiel ihm blitzschnell ein, daß er vielleicht ohne sein eigenes Wissen plötzlich ein wirklicher Zauberer geworden sei.

Das muß man ausprobieren, dachte er bei sich und fürchtete doch, seine Unfähigleit vor aller Welt zu zeigen; und so begann er zögernd:

„Ich könnte euch noch ganz andere Dinge zeigen, ich könnte euch aus diesem Bretterboden einen Apfelbaum herauswachsen lassen, der auf der linken Hälfte blüht und auf der rechten die schönsten Früchte trägt, aber –“ so setzte er vorsichtig hinzu, um sich für alle Fälle den Rückzug zu sichern, „aber das geht nur, wenn niemand von den verehrten Anwesenden in seinem Leben auch nur einen Hellerwert gestohlen hat – –“

Er hatte kaum zu Ende gesprochen, da stand auch schon der Apfelbaum da, reckte seine Äste links voller Blüten, rechts voller Früchte. Jetzt war unter den Zuschauern kein Halten mehr, die

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Slawitschek: Anastasius Katzenschlucker, der große Zauberer. Vlg. des Deutschen Kulturverbandes, 1929, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Katzenschlucker.djvu/71&oldid=- (Version vom 21.5.2018)