erkennen, daß die Dschunke ein Boot ausgesetzt hatte, in dem vier Leute mit Stangen sich abmühten, die Pflanzenschicht bei Seite zu schieben und für ihr Fahrzeug eine offene Straße zu schaffen. Weiter ersah Max Gnuffke aber auch aus der anderen Färbung des Wassers genau die Abgrenzung der Tangwiese, die bei länglich runder Form mindestens eine Seemeile lang war. Die Dschunke befand sich etwa dreihundert Meter von dem Westrande entfernt. Jedenfalls mußte es noch stundenlang dauern, bis die Besatzung sich wieder aus dem treibenden grünbraunen Teppich befreit hatte.
Vorsichtig hielt die jetzt von Reuter gesteuerte „Libelle“ sich von der schwimmenden Wiese fern, um nicht ebenfalls hineinzugeraten. Immerhin kam man der Dschunke auf fünfhundert Meter nahe. In der Hauptsache schien die Bemannung des Seglers drüben aus Chinesen zu bestehen. Der Ingenieur nahm aber auch mit Hilfe des Glases einige Malaien wahr, und gerade diese Zusammensetzung des Schiffsvolkes der Dschunke sowie deren Anwesenheit hier östlich von Formosa, wo diese plumpen und doch schnellen Küstenfahrer sonst nie anzutreffen sind, erregten seinen Verdacht. Er wohnte bereits lange genug in Hongkong, um mit all diesen Dingen vertraut zu sein. Und daher stieg jetzt auch der Verdacht in ihm auf, daß die Dschunke womöglich ein Pirat sei, freilich unter der Maske eines harmlosen Kauffahrteischiffes.
Das Piratenunwesen, das einst in den chinesischen und indischen Gewässern sehr in Blüte stand, hat trotz aller Maßnahmen der europäischen Handelsvölker nie ganz aufgehört. Nur vorsichtiger und schlauer sind die gelben und braunen Burschen geworden, die den Seeraub als Handwerk sich erwählt haben.
Die Leute, die sich in dem Boot mit allen Kräften anstrengten und emsig die Stangen bewegten, winkten jetzt nach der „Libelle“ hinüber, und dies so eifrig, daß der Ingenieur beschloß, auf das Boot zu warten, welches sich
W. Belka: Kapitän Bergers Kinder. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kapit%C3%A4n_Bergers_Kinder.pdf/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)