Unbekannt: Dresdener Kunstausstellung 1816 | |
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einsam und schauerlich, wenn nun diese gelben Strahlen der Scheidesonne vollends im Meere untertauchen, all die leisen, schimmernden und schillernden Farbentöne abklingen! Das Ganze ist wahr und gefühlt, die Bühne harmonisch mit der Begebenheit darauf, das Einzelne wieder mit Lust und Fleiß ausgeführt.
Wenden Sie sich aber nun von diesem trügerischen Elemente zur Veste, dieser reich mit Bergen, Thälern, Matten, Pflanzen, Thieren, Menschen aufgeschmückten Bühne; sehen Sie, wie über eine schöne heitere Landschaft der weißelnde Morgenduft sich ausbreitet und der Morgen selbst, mit Shakespeare zu reden, gleichsam ein leuchtender Jüngling auf den Zehen, auf den Bergspitzen steht; wie dann, nachdem die Sonne höher herauf gestiegen und heiß und sengend geschienen, sie sich nun am Mittage hinter schwer herabhängenden schwarzgrauen Wolken verbirgt, die sich zu entladen drohen, aber auch Erquickung und Anregung zu neuer Lebenskraft versprechen. Einmal das bedrohliche Schauspiel überstanden, ruhen Sie dann wieder aus in der erquicklichen heiteren Abendkühle, wie diese Hirten und Hirtinnen mit ihren Heerden. Fürchten Sie nichts, wenn die Nacht Sie übereilt; diese schauerliche heilige Mondnacht wird Sie auf ihren Fittigen über ihre Schatten hinweg zu dem klaren, freundlichen Firmament emporheben in die Urwohnungen der Menschenseele – und Sie haben die vier Tagszeiten des trefflichen Klengel geschaut, gelebt, dessen Styl und Gediegenheit ja keiner, weiteren Schilderung bedarf. Oder, wenn Ihre Phantasie noch angeregt von den Schauern der Nacht ist, so wenden Sie sich zu dieser grausig-dunkelnden Felsschlucht, „wo alles Licht verstummt,“ und zwei Geistergestalten, der Mystagog Virgil und der in die
Unbekannt: Dresdener Kunstausstellung 1816. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1816, Seite 658. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Journal_des_Luxus_und_der_Moden_1816_Seite_655-665.djvu/5&oldid=- (Version vom 8.9.2024)