durfte man zur Verrichtung seiner Andacht nicht mehr betreten, 435 da Paulinus die Thore der Umfassungsmauer geschlossen und so den Zutritt zu demselben vollständig unmöglich gemacht hatte, so dass unter ihm auch die letzte Spur der früheren Gottesverehrung vom Orte verschwand. 436 Bis zur Schließung des Tempels waren seit seiner Gründung 343 Jahre vergangen.
437 (1). Wie eine ansteckende Krankheit hatte sich der tolle Fanatismus der Sicarier auch über die Städte im Gebiete von Cyrene verbreitet. 438 Ein abgefeimter Bösewicht, namens Jonathas, seiner Profession nach Weber, war auf seiner Flucht aus Judäa auch nach Cyrene verschlagen worden, wo er durch seine Redekünste eine nicht kleine Zahl mittelloser Leute an sich fesselte und sie unter dem Versprechen, ihnen Wunderzeichen und himmlische Erscheinungen sehen zu lassen, in die Wüste hinauslockte. 439 Noch wusste sonst Niemand recht um das Unwesen und den Schwindel, den er trieb, als auch schon die jüdischen Großen in Cyrene über seine Entfernung und seine Anschläge bei dem Statthalter der libyschen Pentapolis Catullus die Anzeige erstatteten. 440 Durch einen Trupp Reiter und eine Abtheilung Fußvolk, die derselbe ihm nachsandte, trieb er nun mit leichter Mühe den noch unbewaffneten Haufen zu Paaren. Der größte Theil davon fiel gleich unter den Händen der Römer, während einige noch lebend überwältigt und zu Catullus gebracht werden konnten. 441 Dem Haupträdelsführer Jonathas dagegen gelang es für diesmal zu entkommen, er ward aber später nach vielen und sehr sorgfältigen Streifungen, die man im ganzen Lande anstellte, eingefangen. Vor den Statthalter Catullus gebracht, verstand es der Schlaukopf, sich noch einmal dem Henkerbeil zu entziehen und sich sogar zum Werkzeug des ruchlosen Catullus zu machen, 442 indem er gegen die reichsten Juden die Verleumdung schleuderte, dass sie eigentlich ihn zu seinem Unternehmen angeleitet hätten.
443 (2.) Sehr gerne gieng der Statthalter auf diese Verleumdungen ein und bauschte die ganze Sache durch die ärgsten Uebertreibungen, die er noch dazu gab, zu einer ungeheuren Affaire auf, um selbst auch so einen kleinen Triumphator über das jüdische Volk spielen zu können. 444 Was aber noch verhängnisvoller wurde, das war der Umstand, dass er nicht bloß für seine Person alles ohne Weiteres glaubte, sondern auch die Sicarier sogar ausdrücklich anwies, falsche Angaben zu
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 538. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/538&oldid=- (Version vom 1.8.2018)