und Ehebruch, noch viel zu geringfügig gewesen? Ihr setzt ja euren Ehrgeiz in Raub und Mord und wollet als Bahnbrecher der Schlechtigkeit derselben bisher unbekannte Wege erschließen. Der Tempel ist zur Kloake geworden, und zwar haben gerade die Hände von Stammesgenossen die göttliche Stätte besudelt, welche selbst die Römer nur von Ferne zu verehren wagten, wie sie denn überhaupt aus lauter Rücksicht auf unser Gesetz sich viele Einschränkungen in ihren eigenen Gewohnheiten gefallen ließen. 403 Ei, und ihr wollet nun wirklich unter solchen Voraussetzungen von eurem so schändlich behandelten Bundesgenossen ein Eingreifen erwarten? Gesetzt nun, ihr wäret in der That brave Schutzflehende und würdet mit reinen Händen euren Helfer bitten, sowie unser König ihn gegen den Assyrer angefleht hat, 404 damals als wirklich Gott in einer Nacht jenes große Kriegsheer hingestreckt hat; gesetzt dies: ist dann aber auch das Benehmen der Römer gegen euch dasselbe, wie das des Assyrers, um auf Grund desselben auch auf eine solche Rache von Seite Gottes zählen zu können? 405 Hat nicht der Assyrer von eurem König zuerst Geld erpresst mit der Zusage, die Stadt nicht zu verwüsten, worauf er dessenungeachtet mit Hintansetzung seines Eides heranzog, um den Tempel in Asche zu legen? Was aber die Römer? Sie verlangen bloß die Abgabe, die schon unsere Väter ihren Vätern gezahlt haben, 406 und haben sie diese, so denken sie weder an eine Verwüstung der Stadt noch an eine Verletzung des Heiligthums und lassen euch auch alles andere, wie die freie Familie, den ruhigen Genuss eurer Besitzungen und schützen sogar eure heiligen Gesetze. 407 Nun ist es gewiss eine Verrücktheit, von der Rache Gottes zu erwarten, dass sie ebenso die gerechten Menschen treffen werde, wie sie sich über Ungerechte geoffenbart hat! Gott weiß überdies auch auf der Stelle zu rächen, wann es sein muss. Hat er ja doch das assyrische Heer gleich in der ersten Nacht, nachdem es Jerusalem gegenüber sein Lager aufgeschlagen, zerschmettert! 408 Gewiss würde er daher auch für den Fall, dass unsere Nation nach seinem Urtheile die Freiheit, die Römer aber Strafe verdienen würden, auf der Stelle, wie bei den Assyrern, nämlich schon damals dreingefahren sein, als Pompejus mit unserem Volke angebunden, als nach ihm Sosius heraufkam, als Vespasian Galiläa verwüstete, und zuletzt endlich Titus vor unseren Augen der Stadt zu Leibe gerückt ist. 409 Trotzdem haben Magnus und Sosius nicht nur keinen Unfall erlitten, sondern sogar mit stürmender Hand die Stadt genommen, Vespasianus aber hat in dem Feldzug gegen uns sogar eine Kaiserkrone gefunden, während dem Titus selbst die Quellen der Erde ein reichlicheres Nass spenden, nachdem sie doch vorher für euch versiegt waren. 410 Ihr wisset es doch,
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 417. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/417&oldid=- (Version vom 1.8.2018)